Chiang Rais dunkle Seite: Das “Schwarze Haus”
Das Baan Dam-Museum, bekannt als das “Schwarze Haus”, ist ein ganz außergewöhnliches Kunstmuseum bei Chiang Rai. Es ist kein religiöser Tempel, sondern eine kreative Hommage an Kunst, Kultur und Spiritualität. Das Museum, entworfen vom thailändischen Surrealisten Thawan Duchanee, vereint geschickt traditionelle nordthailändische Architektur mit mystischen Kunstwerken.
Das “Baan Dam Museum” liegt etwa 10 Kilometer nördlich von Chiang Rai in einer ruhigen, ländlichen Gegend. Das gesamte Anwesen, ehemals Wohnhaus und Werkstatt des thailändischen Künstlers Thawan Duchanee, besteht aus rund 40 unterschiedlichen schwarzen Gebäuden.
Nach dem Tod von Duchanee im Jahr 2014 entwickelte sich das „Baan Dam“ zu einem Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt. Wegen seiner ungewöhnlichen Atmosphäre hebt es sich deutlich von anderen typischen thailändischen Touristenattraktionen ab.
Der Name „Schwarzes Haus“ – gelegentlich irrtümlich auch als „Schwarzer Tempel“ bezeichnet – ist auf die dominante schwarze Farbgestaltung des Gebäude-Ensembles zurückzuführen. Im Gegensatz zu Thailands farbenfrohen Tempeln wendet sich dieser Ort eher den düsteren Themen zu: Leben, Tod und die Vergänglichkeit des Seins im buddhistischen Sinne.
Hier hat sich Thawan Duchanee selbst verewigt. Wie ein Gottesgestalt hängt er an der Wand. In einer Schale hortet er Totenschädel und Tierskelette, die er wie einen Schatz hütet. Doch zur Beruhigung: “Schwarze Magie” gibt’s hier nicht.
Lanna-Baustil „reloaded“
Auffallend ist die elegante Architektur der einzelnen Gebäude, die durch die konsequente Verwendung natürlicher Materialien besticht. Die überwiegend aus dunklem Holz gefertigten oder geschwärzten Bauwerke orientieren sich am traditionellen nordthailändischen „Lanna-Baustil“, der hier jedoch mit modernen Designelementen kombiniert wurde.
Der „Lanna-Baustil“ hat seinen Ursprung im ehemaligen Königreich Lanna, das im 15. Jahrhundert seine Blütezeit erlebte. Charakteristisch für diesen Stil sind schlichte Eleganz, Satteldächer mit geschwungenen Linien, großzügige Veranden sowie kunstvolle Holzschnitzereien an Säulen, Balken und Türrahmen.
Unermüdlich werden die filigranen Schnitzarbeiten von ausgebildeten Handwerkern restauriert oder erneuert.
Geheimnisvolles Architektur-Ensemble
Das dominierende Gebäude des Museumkomplexes ist durch ein markant geteiltes Dach gekennzeichnet, das informell als „Kathedrale“ bezeichnet wird. Allerdings ist zu beachten, dass die Gebäude nach der Intention des exzentrischen Künstlers als Gesamtkunstwerk betrachtet werden sollen.
Bevor wir das Innere der „Kathedrale“ erkunden, lohnt sich ein Spaziergang in der unmittelbaren Umgebung. Denn dort gibt es weitere, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte Holzgebäude. Sie dienen als Ausstellungsräume oder bieten Einblicke in das traditionelle Leben in Nordthailand.
Beachten Sie hier das prunkvolle Portal!
Und hier ein weiterer Häuserkomplex im weitläufigen Park…
Jedes dieser verschiedenen Gebäude hat dabei eine individuelle Form und Ausstrahlung: Von hohen, spitz zulaufenden Dächern über Stufengiebel bis hin zu komplexen, geschnitzten Fassaden. Praktisch jede architektonische Ausprägung des Lanna-Stils ist hier zu finden, das zugleich die mystische Vision von Thawan Duchanee widerspiegelt.
Die Kombination aus natürlichen Materialien, dunklen Farben und symbolischen Elementen schafft für den Besucher eine ganz außergewöhnliche Atmosphäre.
Park der Geheimnisse
Besonders gut gelungen ist die harmonische Einbettung der von Gärten umgebenen Gebäude in einen subtropischen Wald.
Hiermit hat der Künstler eine kontraststarke und sehr ästhetische Symbiose von Architektur, Kunst und Natur geschaffen. Der Garten des Museums beinhaltet außerdem zahlreiche Skulpturen des Künstlers Thawan Duchanee. Dieses sind zum Teil in speziellen Pavillons ausgestellt.
Auch diese kleineren, tempelartigen Gebäude sind mit kunstvollen Schnitzereien und – wie hier auf dem Bild zu sehen- mit düster anmutenden Giebelkonstruktionen versehen. Die kontrastierende Verbindung zwischen den Bauwerken und der Natur hat dabei auch eine symbolische Bedeutung: Der Wald steht für das Unbekannte und Mystische, während die Gebäude die menschliche Zivilisation repräsentieren.
Wer in die Häuser hinein schaut, entdeckt ganz verschiedene, aus Holz, Stein oder Bronze gefertigte Skulpturen. Sie stellen mystische Wesen, aber auch hinduistische und buddhistische Gottheiten dar.
Dieses Zusammenspiel spiegelt – so jedenfalls die Vorstellung des Künstlers – die Suche des Menschen nach Harmonie mit der Natur wider.
Die gesamte Anlage vermittelt dem Besucher eine geheimnisvolle, gelegentlich auch unheilvolle Atmosphäre. Nachts würde man sich wohl zweimal überlegen, durch diese mitunter unheimliche Umgebung zu spazieren – ganz im Sinne von Duchanees künstlerischer Vision.
Im Inneren des „Schwarzen Hauses“: Mystik pur
Beim Betreten der „Kathedrale“, also des zentralen Gebäudes im gesamten Museumkomplex, öffnet sich dem Besucher ein riesiger Raum. Das Gebäude ruht auf 44 massiven Säulen und ist reich mit kunstvollen Schnitzereien verziert.
Überall sind zahlreiche Kunstwerke und Exponate der verschiedensten Art zu bestaunen.
Bitte nehmen Sie Platz…!!
Auch hier im Inneren der “Kathedrale” wird der Besucher allerorts von tiefgründigen Themen wie Tod, Wiedergeburt, der Beziehung zwischen Mensch und Natur, Dämonen, Mythologie und Spiritualität begleitet und konfrontiert.
Nur das großflächige moderne Gemälde in der Mitte des Hauptraums frischt die düstere Stimmung etwas auf.
Allerdings strahlt es durch sein eher dunkles Sujet und seinen blutroten Hintergrund gleichzeitig auch etwas Unheilvolles aus. Die überall im Raum platzierten Exponate betonen noch diese morbide Ästhetik im “Schwarzen Haus”. Besonders auffällig sind die auf dem Boden und Tischen ausgelegten präparierten Krokodil- und Schlangenhäute.
Zumindest für westliche Besucher ist dies ein unheimlicher Anblick. Mal ganz davon abgesehen, dass sich jedem Tierschützer der Magen umdrehen dürfte!
Neben den genannten Krokodilhäuten sind ein riesiges Elefantenskelett, Totenschädel von Büffeln, Tierknochen, Hörner, Bärenfellen, ausgestopfte Reptilien und Häute aller Art zu sehen. ABER: Mit dieser teils eher skurril wirkenden Ansammlung von Tierpräparaten möchte der Künstler nicht auf die kommerzielle Verarbeitung von Häuten, sondern auf den Kreislauf des Lebens und die Vergänglichkeit hinweisen.
Farbtupfer im “Schwarzen Haus”
Traditionelle farbige Blumengestecke mit Geldscheinen und Räucherstäbchen lockern die dunkel-düstere Atmosphäre der Halle spürbar auf. Sie dienen dazu, den Geistern und Buddha Respekt zu erweisen.
Und eine farbenfröhliche Wanderausstellung von Kunstwerken gibt es auf dem Gelände ebenfalls… allerdings wiederum mit dämonischen Motiven. Sicher ist: Das Baan Dam Museum bietet mit seinen vielen Gebäuden und ungewöhnlichen Skulpturen eine Fülle von fotogenen, ausdrucksstarken Motiven.
Die einzigartige Kombination aus dunkler Ästhetik, natürlichen Materialien und kunstvollen Skulpturen schafft eine Atmosphäre, die geradezu danach schreit, in Bildern festgehalten zu werden.
Zum Abschluss brauchen wir echt einen Drink! Allerdings werden die Getränke im angrenzenden Café nicht mit Alkohol serviert.
Und so lassen wir bei einem Snack und einem thailändischen “Ice Tea” die Eindrücke des Tages in aller Ruhe nachwirken.
Fazit
Das „Schwarze Haus” in der Nähe von Chiang Rai ist ein Ort der Kunst, der Provokation und der Inspiration. Es spricht Kunstliebhaber und Kulturinteressierte an, die eine tiefere Verbindung zur thailändischen Kultur und den Visionen eines der bedeutendsten surrealistischen Künstler Thailands suchen.
Nach einem Besuch des nahe gelegenen „Weißen Tempels“ und des “Blauen Tempels” bietet das „Schwarze Haus“ auf jeden Fall ein faszinierendes Kontrastprogramm. Nach unserer Meinung ist das Museum eines der ungewöhnlichsten Orte in ganz Thailand, allerdings können vor allem die düsteren-skurrilen Exponate auch durchaus befremdlich auf manche Besucher wirken.
Deshalb ist das „Schwarze Haus“ kein Ort, den man mit kleinen Kindern besuchen sollte!
© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
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