Himmlische Sphären: Der “Blaue Tempel”

Der „Blaue Tempel“ von Chiang Rai, offiziell Wat Rong Seua Ten genannt, ist ein herausragendes Beispiel moderner thailändischer Tempelkunst. Seine strahlend blaue Farbgebung verleiht ihm eine unverwechselbare Identität und hebt ihn deutlich von anderen Tempeln in Thailand ab. Zwar ist er weniger bekannt als der berühmte „Weiße Tempel“ oder das „Schwarze Haus“, doch bildet er eine perfekte Ergänzung zu diesem Trio außergewöhnlicher spiritueller Bauwerke.

Der „Blaue Tempel“ wurde 2016 von der örtlichen Gemeinde errichtet und ist natürlich wegen seiner blauen Farbe besonders auffällig – eine ungewöhnliche und mutige Wahl in einem Land, das eigentlich für seine goldenen Tempel berühmt ist.

Staunend stehen wir vor dem kunstvoll gestalteten Tempel. Obwohl das Wetter an unserem Besuchstag eher durchwachsen war, kann man sich gut vorstellen, wie bei Sonnenschein das leuchtende Blau des Tempels scheinbar mit dem himmelblauen Firmament verschmilzt. „Wat Rong Seua Ten“ bedeutet übrigens „Tempel des tanzenden Tigers“ und bezieht sich auf eine Legende:

An dieser Stelle soll einst ein alter Tempel gestanden haben, dessen Gelände von frei umherstreifenden Tigern bevölkert war, bevor der Ort vor etwa einem halben Jahrhundert aufgegeben wurde.


Neotraditionelle Architektur

Der “Blaue Tempel” wurde im neotraditionellen Stil erbaut, der auf die kreative Handschrift von Chalermchai Kositpipat zurückgeht, dem visionären Schöpfer und Architekten des berühmten „Weißen Tempels“. Hier ein Bild zum Vergleich…

Der „Blaue Tempel“ wurde zwar nicht von Chalermchai selbst entworfen, doch sein talentierter Schüler Putha Kapkaew zeichnet für dieses beeindruckende Bauwerk verantwortlich. Der ähnliche Stil ist unverkennbar: Beide Tempel vereinen traditionelle thailändische Elemente mit moderner Kunst, intensive Farbgebungen, psychedelische Bilder und eine beeindruckende Fülle an detailreichen Ornamenten.

Übrigens symbolisiert die Farbe Blau die buddhistischen Ideale der Reinheit, Bescheidenheit und Weisheit. Überall – in den Innenräumen sowie auf dem Tempelgelände – findet sich dieser intensive Saphir-Ton.

Wir finden, dass er sehr gut mit den funkelnden Goldornamenten harmoniert… – finden Sie nicht auch?


Von Nagas und Yakshas

Zum Haupteingang des Tempels führt eine Treppe, die von vier  Nagaschlangen bewacht wird.

In der buddhistischen Mythologie beschützt der Nagakönig Mucalinda den Buddha bei einer langen Meditation vor Regen und Unwetter mit vielen Köpfen, die er als Schutz ausbreitet. Daneben stehen farbenfrohe Yakshas , ​​​​weibliche Naturgeister, die als Schutz vor bösen Mächten dienen sollen.

Besonders eindrucksvoll ist der Dämon bzw. Yaksha, der in böser Fratze an einem Seiteneingang des Tempels sitzt. Yaksha sind dämonische Gestalten, die speziell mit Bäumen und Bergen verbunden sind und in der Wildnis leben. In der thailändischen Dämonenmythologie spielen sie eine doppelte Rolle. Sie können sowohl als Beschützer als auch als zerstörerische Kräfte auftreten.

An Tempeln wie hier dem “Blauen Tempel” dienen sie oft als Wächter und schützen den heiligen Ort vor bösen Einflüssen. 


Überwältigender Innenraum

Im Inneren präsentiert sich der „Blaue Tempel“ als ein die Sinne überwältigendes Kaleidoskop aus filigranen Mustern und kunstvollen Malereien. Wie in vielen thailändischen Tempeln erzählen die bemalten Innenwände Geschichten aus dem Leben Buddhas, meist in reich verzierten Goldrahmen.

Wir sind vor allem von den psychedelischen Mustern an der Decke beeindruckt. Diese sind oft in der Kunst der 1960er Jahre, auch in der Hippie-Bewegung, populär geworden. Sie symbolisieren Kreativität, Freiheit und die Überwindung konventioneller Grenzen – sowohl künstlerisch als auch spirituell. Blumen, Blätter oder fließende Linien sind ebenso zu finden wie kaleidoskopartige Designs oder Mandala-ähnliche Strukturen.

Im Zentrum des Raumes thront eine 6,5 Meter hohe, sitzende Buddha-Statue aus strahlend weißem Porzellan, die eine transzendentale, fast surreale Ausstrahlung besitzt.

Ein Hingucker ist auch eine kleine Buddha-Statue aus rotem Kristall, die neben der großen Buddhafigur steht. Sie soll die spirituelle Energie, die von Buddha ausgeht, noch verstärken.


Außenanlage des Tempels

Auch auf dem Vorplatz des Tempels befinden sich zahlreiche Buddha-Statuen und viele kleinere dekorative Elemente, die den Besucher auf das spirituelle Erlebnis im Inneren des Tempels einstimmen sollen.

Besonders auffällig ist eine riesige weiße Buddha-Statue im Meditationssitz. Sie steht in bewusstem Kontrast zu den vorherrschenden Blautönen und soll symbolisch die Reinheit Buddhas zum Ausdruck bringen.


Fazit

Der „Blaue Tempel“ ist bis ins kleinste Detail kunstvoll gestaltet und unseres Wissens gibt es außer dem „Weißen Tempel“ nichts Vergleichbares in ganz Thailand. Aber auch das eklektisch-mystische „Schwarze Haus“ hat einen ganz eigenen Stil. Unser Tipp: aller guten Dinge sind drei, deshalb lohnt es sich, alle drei Stätten „in einem Rutsch“ zu besuchen.


© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston


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