
Samui-Secret (1): Prunkvoller Park im Dusit Dheva
Ich habe vier Jahre lang auf Koh Samui gelebt und kenne die Insel wie meine Westentasche*. Für alle, die auch abseits der Strände das Urlaubsparadies entdecken möchten, habe ich einige Insider-Tipps parat – fernab von organisierten Touri-Touren. Hier ist Teil 1 meiner Insel-Geheimnisse: das „Dusit Dheva Cultural Center“ – eine kleine Sensation im Urwald von Koh Samui.
„Dusit Dheva …?“ Fragende Blicke, leichtes Kopfschütteln und immer die gleiche Antwort: “Don’t know”. Mehrere Thailänder, die wir nach dem Weg zum Cultural Centre fragen, haben noch nie davon gehört. Das ist erstaunlich! Offenbar scheint dieses Ausflugsziel selbst unter Einheimischen weitgehend unbekannt zu sein.
Zugegeben: Es liegt gut versteckt in einem verborgenen Waldstück zwischen der Inselhauptstadt Nathon und Lipa Noi – übringens unweit des Traumhotels Intercontinental in Taling Ngam. Doch wer einmal davorsteht, kann den Eingang des Parks unmöglich übersehen. Nur per Zufall hörten wir durch eine langjährige Samui-Insiderin von diesem „Zaubergarten“, der zwar nichts mit Zauberei zu tun hat, aber unglaublich zauberhaft ist.
Öffentliche Verkehrsmittel fahren diese Ecke nicht an, man muss also schon auf private Entdeckungsreise gehen. (**Siehe Infobox für Autovermietung). Wichtig zu wissen: Dieses magische Kleinod sollte nicht mit dem „Magic Garden“ verwechselt werden, jenem bekannten Skulpturenpark, der auf jeder Inseltour angesteuert wird. Den beschreiben wir hier!
Märchenpark wie im Bilderbuch
Zwischen sattgrünen Palmenhainen und dem leisen Wispern der Kokosblätter liegt die Parkanlage des Dusit Dheva Cultural Centre. Ein Ort, der wirkt, als hätte jemand einen Traum in Stein und Holz gegossen.
Hinter dem „Dusit Dheva Cultural Centre“ steht ein Mann mit einer Vision: Theerachart Samrit, auf Koh Samui schlicht als Khun Chart bekannt. Nach dem Verkauf mehrerer Grundstücke, die er von seiner Familie erbte, steckte der junge Künstler und Landschaftsarchitekt sein gesamtes Einkommen in die Entwicklung des Naturparks.
Ursprünglich trug die Anlage den klangvollen Namen „Samui Cultural Center and Fine Arts of Southeast Asia“. Die dahinterstehende Idee war ebenso ambitioniert wie poetisch: Südostasiatische Kunst sollte sich auf einer freien Fläche entfalten – nicht als bloße Ausstellung oder flüchtige Fotokulisse, sondern als lebendiger Dialog zwischen Natur, Kultur und Architektur.
Mit diesem Konzept folgte Khun Chart seinem großen Vorbild Lek Viriyahbhun.
Wem dieser Name nichts sagt: Khun Lek war der legendäre Schöpfer der „Sanctuary of Truth“ in Pattaya und des Monumentenparks „Ancient City“ bei Bangkok. Dort wie hier verschmelzen traditionelle Handwerkskunst und Spiritualität zu Monumenten und Skulpturen. Die – so scheint es – den Besucher nicht nur ansehen, sondern mit ihm kommunizieren.
Wie schon erwähnt will Khun Chart seinem mystischen Park als „Kulturzentrum und Spiegelbild der südostasiatischen Künste“ verstanden wissen. „Mission accomplished“, wie wir finden. Auf Schritt und Tritt entdecken wir plätschernde Wasserspiele, wunderbar gemeißelte Steinskulpturen und landestypische Elementen aus Kambodscha, Laos, Indonesien, Malaysia, Burma – und natürlich aus Thailand.
Das Hauptportal
Nicht nur die monumentalen Elefantenfiguren ziehen die Blicke auf sich, sondern vor allem das prachtvolle Eingangstor. Es erhebt sich im traditionellen Thai-Stil, mit einer filigran geschnitzten Dachkonstruktion, die von mächtigen Säulen getragen wird.
Links und rechts der breiten Treppe winden sich goldene Naga-Schlangenfiguren empor – als stiegen sie direkt aus den beiden kleinen Teichen zu unseren Füßen. Den Aufgang säumen schwarze Steinskulpturen, deren feine Details sich oft erst demjenigen erschließen, der bereit ist, länger hinzusehen.
Besonders die filigranen Mosaike sind hier sehenswert. Sie rahmen die menschengroßen Figuren wie Bilderrahmen ein und verleihen dem gesamten Ensemble einen Hauch von Erhabenheit. Dahinter öffnet sich eine Art Open-Air-Innenhof, in dem sich unzählige Statuen ein Stelldichein geben.
Das Künstlerhaus
Vom Hauptportal aus führen zwei Treppen in den hinteren Teil des Gartens, durchzogen von Teichen, Tempeln und Türmchen – eingebettet in tropisches Dschungelgrün und moosbedeckte Felsen. Was sich wohl hinter der geschnitzten Tür verbirgt…?
Nun, wir verraten es Ihnen. Hier wohnt der Künstler selbst! Wie überall bleiben wir beeindruckt stehen, denn insgesamt wirkt der ganze Raum wie ein sakrales Gesamtkunstwerk.
In dieser üppig gearbeiteten, dreidimensionalen Wandrelief-Szene aus modelliertem weißen Stuck spielt jede Figur und jedes Ornament eine Rolle. Im Mittelpunkt liegt eine hinduistische Gottheit auf einer mehrköpfigen Schlangenfigur, die sich unter ihr ringelt. Und was sticht da inmitten des weißen Reliefs so leuchtend hervor? Eine goldene Krone!
In der thailändischen und südostasiatischen Kunst steht eine Krone dieser Art für königliche Würde, göttliche Herrschaft oder spirituelle Erhabenheit. In der Regel wird sie bei Darstellungen von Göttern und mythischen Helden, um ihre besondere Stellung hervorzuheben.
Um die Zentralfigur herum befinden sich kleinere Wesen, die Instrumente in den Händen halten oder Opfergaben wie Früchte und Blumen darbringen. Einige Figuren stehen mit gefalteten Händen in Verehrungshaltung da, andere sind in Bewegung, als seien sie Teil einer festlichen Prozession. Wir haben Glück und bekommen eine Privatführung von Khun Chart höchstpersönlich, der uns hier die Bedeutung der Schlange erklärt.
Die gesamte Komposition ist eine faszinierende Mischung aus religiöser Ikonografie, mythischer Erzählung und künstlerischer Virtuosität.
Mystischer Skulpturengarten
Der Weg schlängelt sich durch üppiges Grün, bis zwischen den Palmen ein rotes Pavillongebäude erscheint. Zwischen den tropischen Blättern bricht das Sonnenlicht in goldenen Strahlen hervor, als wolle es den Zaubergarten segnen. „The Exhibition Room“ steht auf einem Schild, doch wir spazieren weiter. Der ganze Dusit Dheva-Park ist schließlich eine riesige Ausstellung.
Ein paar Schritte weiter steht mitten im Grünen eine schwarze Holzbank – oder ist es gar ein Thron? Prächtig sieht er aus mit seinen goldenen Intarsien und filigranen Schnitzerreien. Zweifellos eine wertvolle Antiquität, die irgendwann in der Hitze und hohen Luftfeuchtigkeit verwittert. Im Hintergrund erkennt man zwei große, balinesische Tempelschirme.
In Indonesien werden sie bei religiösen Zeremonien und Prozessionen getragen oder neben Altären aufgestellt. Die mit Fransen oder Perlen behängten Stoffdächer sollen spirituelle Reinheit darstellen und eine Verbindung zum Himmel schaffen. Und weiter geht’s in Richtung Live-Museum, an weiteren Skulpturen-Installationen vorbei.
Ein paar Schritte weiter bleibt unser Blick an einer skurril-charmanten Szene hängen: Eine ganze Reihe steinerner Gesellen steht Spalier – mit roten Stirnbändern, türkisfarbenen Sarongs und einer Blüte am Ohr. Offenbar sind sie die geheimen Fashionistas des Dschungels…!
Wer glaubt, Steinfiguren seien langweilig, wird hier, im Dusit Dheva, definitiv eines Besseren belehrt! Mit verschränkten Armen stehen sie da, mit einer Miene irgendwo zwischen gelassen und „wir wissen was, das du nicht weißt“. Bunt, ausgefallen und definitiv fotogen – solche Begegnungen machen jeden Parkspaziergang zum Abenteuer.
Über einen Steg schlendern wir auf die andere Seite des Skulpturenparks, wo es plötzlich ganz lebendig wird. In einem kleinen Gehege stolzieren mehrere Pfauen umher – wahre Königsvögel mit schillerndem Gefieder. Einer von ihnen steht nur wenige Meter vor uns – fast ein wenig gelangweilt.
Doch dann richtet er sich ganz plötzlich auf, spannt sein Federkleid – und… wow! Ein Regenbogen aus Blau, Grün und Gold entfaltet sich vor unseren Augen. Die Federn vibrieren im Licht, jeder einzelne Augenfleck scheint uns anzublicken. Und wir? Wir stehen einfach nur da und staunen – verzaubert von einem Vogel, der aussieht, als sei er einem Märchenbuch entsprungen.
Ein wahrlich passendes Motiv in diesem Märchengarten!
Live Museum & Workshops
Das “Dusit Dheva” ist nicht nur ein Ort zum Spazierengehen, sondern auch zum Erleben.
Das Kulturzentrum bietet regelmäßige Workshops an, bei denen Besucher thailändische Handwerkskunst erlernen, oder bei Theaterstücken, Kostümfesten oder Khon-Tänzen mitmachen können. Hier probiert Jörg eine traditionelle Khon-Maske. Es ist das Antlitz eines Yaksha – eines mythologischen Dämonenwächters aus dem Ramakien-Epos.
Auch ich kann nicht widerstehen, und greife zu. Na, wie steht mir dieser “Hut”…?
Wer mag, kann sich auch dem komplizierten Prozess der Skulpturenschnitzerei widmen oder traditionelle Maltechniken ausprobieren. Hier sehen Sie die farbenfrohe Figur eines Garuda, ein mythisches Vogelwesen mit menschlichem Körper, Adlerkopf, gewaltigen Flügeln und Krallenfüßen. Es ist das Reittier des Gottes Vishnu, das als königliches Hoheitszeichen sogar das Emblem des Königreichs Thailand schmückt.
Die kunstvoll bemalte Holzfigur steht hier vor Khmer-inspirierten Sandsteinreliefs, die Apsara-Tänzerinnen zeigen – ebenfalls ein typisches Dekorelement im „Dusit Dheva Cultural Centre.“ Das Zusammenspiel aus knallbunter Symbolik und steinerner Anmut macht diese Szene besonders eindrucksvoll.
Unser Fazit:
Ein Besuch im Dusit Dheva Cultural Center auf Koh Samui hinterlässt bei jedem Besucher garantiert einen bleibenden Eindruck. Nicht durch Protz, Prunk oder spektakuläre Effekte, sondern durch die stille Kraft von Kultur, Ästhetik und Spiritualität. Wer den Weg dorthin findet, erlebt eine Reise in eine andere Welt, geprägt von jahrhundertealter Symbolik, kunstvoller Handwerkskunst und der spürbaren Liebe eines Mannes zur kulturellen Vielfalt Südostasiens.
Wir empfanden die Atmosphäre jedenfalls als durch und durch mystisch. Jeder Winkel erzählt eine eigene Geschichte und jede Statue scheint einen tieferen Sinn in sich zu tragen. Hier hat Khun Chart wahrlich ein Wunderwerk vollbracht! Es war, als wären wir in eine verborgene Märchenwelt eingetreten, weit weg vom hektischen Alltag und des Massentourismus.
© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
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