
Samui-Secret (2): “Buddha Haus” im Wat Samret
Ich habe vier Jahre lang auf Koh Samui gelebt und kenne die Insel wie meine Westentasche*. Für alle, die auch abseits der Strände das Urlaubsparadies entdecken möchten, habe ich einige Insider-Tipps parat – fernab von organisierten Touri-Touren. Hier ist Teil 2 meiner Insel-Geheimnisse: das „Buddha Haus” auf dem Gelände des Wat Samret.
Sie glauben, schon jeden Tempel auf Koh Samui zu kennen? Nun – diesen vermutlich nicht! Der „Wat Samret“ zählt zwar zu den ältesten buddhistischen Heiligtümern der Insel, doch nur wenige wissen, dass sich auf seinem Gelände ein gut gehütetes Geheimnis verbirgt. Wichtig zu wissen: Dies ist kein Ort für Besucher, die nur „mal schnell ein Foto“ machen wollen. Wer hierherkommt, sollte sich mindestens eine Stunde Zeit nehmen!
Schreiten Sie durch dieses Tor, lassen Sie den Blick schweifen und spazieren Sie bis in den hintersten Winkel des Tempelareals. Denn dort gibt es etwas ganz Außergewöhnliches zu sehen: : die „Secret Hall of Buddhas“. Doch bevor wir Sie dorthin mitnehmen, ein paar Worte zum Haupttempel, der vor über 100 Jahren unter der Regentschaft von König Rama II. erbaut wurde.
Das Tempelgelände
Der „Wat Samret“ liegt im Süden Koh Samuis, unweit des Fischerdorfes Hua Thanon. Der Name „Samret” bedeutet so viel wie „Triumph” oder auch „Vollendung” – ein passender Ort für all jene, die um Erfolg im Leben bitten.
Der Tempel öffnet seine Tore für Besucher frühmorgens um sieben Uhr. Allerdings kommen viele Einheimische nicht nur zum Beten hierher. Sie gedenken auch ihrer auf dem weitläufigen Gelände beerdigten Angehörigen. Vor der Tempelmauer reihen sich die aufwendig gestalteten Grabstätten aneinander.
Vor den Tafeln finden sich Blüten, kleine Keramikfiguren und unzählige Räucherstäbchen, allesamt stille Zeichen des Gedenkens, die von der tiefen Verwurzelung buddhistischer Traditionen erzählen. Der Wat Samret ist übrigens seit seiner Gründung ein aktiver Tempel. Noch heute leben und wirken hier buddhistische Mönche.
Es hat schon seinen ganz eigenen Zauber, die heiligen Männer in ihren orangefarbenen Roben zu beobachten, wenn sie schweigend über das Gelände gehen. Für sie wurde ein separates Wohngebäude errichtet, dessen schlichte, beinahe westlich anmutende Architektur einen spannenden Kontrast zu den anderen, goldglänzenden und filigran verzierten Bauwerken bildet.
Das eigentliche Juwel liegt jedoch etwas versteckt am letzten Eck hinter dem Haupttempel: ein kleines, unscheinbares Haus, das leicht zu übersehen ist. Doch genau dort wartet die Überraschung, die den Wat Samret so einzigartig macht.
Die Torwächter
Woran Sie erkennen, dass Sie am richtigen Ort sind? An den beiden mächtigen Figuren, die direkt am Eingang Wache stehen. Diese Tempelwächter tragen prunkvolle Kronen, detailreiche Rüstungen und haben einen leicht furchteinflößenden Blick.
In der buddhistischen Tradition sind solche Gestalten nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern verkörpern mythische Wächterwesen aus dem Buddhismus und Hinduismus. Ihre Aufgabe ist es, das Heilige zu schützen, negative Energien abzuwehren und böse Geister von dem fernzuhalten, was wir uns gleich ansehen werden.
Dieses Haus ist der wahre Grund unseres Besuchs, denn unter seinem Dach befindet sich die geheimnisvolle Buddha-Halle, die so gut wie kein Tourist kennt. Hier überschreitet man nicht einfach nur eine Türschwelle. Man betritt vielmehr einen Raum von nie gesehener, fast greifbarer Bedeutung.
„Secret Hall of Buddhas“
Sobald sich die schwere Holztür hinter uns schließt, umfängt uns eine gedämpfte Stille.
Das Licht fällt nur spärlich durch ein paar schmale Fenster und taucht den Raum in ein warmes, goldenes Halbdunkel. Man glaubt es ja kaum, aber vor uns sitzen, stehen und ruhen auf gerade mal 50 Quadratmetern Buddhas in allen erdenklichen Größen und Gesten.
Einige sind vergoldet und schimmern im diffusen Licht, andere sind aus weißem oder grauem Stein gemeißelt und von feinen Rissen durchzogen. Nur eine Figur hebt sich von der Gruppe ab und scheint uns mit einem süffisanten Lächeln genau zu beobachten.
Ein Heiligenfigur ist es jedenfalls nicht. Ist es vielleicht ein Zauberer?
Am Ende des Raumes thront eine fast drei Meter hohe, sitzende Buddha-Statue, von der es heißt, sie stamme ursprünglich aus Indien.
Links im Raum liegt ein nicht minder beeindruckender Buddha aus schneeweißem Marmor, der bis zur Hüfte in ein gelb-goldenes, fließendes Gewand gehüllt ist. Es ist ein „Reclining Buddha“, und er scheint eine besondere Rolle einzunehmen, denn die meisten Figuren gruppieren sich im meditativen Lotussitz um ihn herum. Fast so, als lauschten sie einer imaginären Predigt.
Sein Antlitz ist stellenweise weiß gepudert, die Stirn mit hauchdünnen Goldplättchen beklebt und sein Gesichtsausdruck ist verklärt. Ja geradezu entrückt.
Mir läuft ein leichter Schauer über den Rücken, denn wir sind ganz allein mit diesen heiligen Steinmännern. Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen, nur wir bewegen uns durch die Stille, die fast gespenstisch wirkt. Und doch scheint der Raum von einer unsichtbaren Energie erfüllt zu sein.
Für einen Moment habe ich das Gefühl, mitten in eine spirituelle Zeremonie hineingeraten zu sein!
Hunderte Statuen blicken zu uns herüber, und jede einzelne scheint eine energetische Kraft in sich zu tragen. Eine unerklärliche Ehrfurcht packt mich. Plötzlich fühle ich mich diesem Ort seltsam nah, beinahe so, als wäre ich Teil dieser stillen Gemeinschaft. Ganz instinktiv falte ich die Hände zum thailändischen „Wai“ und genieße diesen einzigartigen Augenblick.
Die Luft ist durchzogen vom Duft abgebrannter Räucherstäbchen, gemischt mit der Süße frischer Blütengirlanden. Der Anblick dieser heiligen Versammlung ist äußerst rästelhaft, denn vieles bleibt im Ungewissen: Warum liegt dieses „Buddha-Haus“ so abseits? Warum ist es so, wie es ist, und wer hat all diese Figuren angefertigt?
Was bedeuten sie? Weshalb gibt es keinerlei Tafeln, keine Erklärungen – nicht einmal auf Thai? Vor allem würde ich gerne wissen, zu welchen Anlässen die Statuen in gelbe Tücher gewickelt werden? All dies bleibt ebenso ein Rätsel wie die Story selbst, die sich im Inneren der „Secret Hall“ abspielt.
Nun, es gibt niemand, der uns Antworten auf unsere Fragen geben kann. „Mai pen rai“… das macht nichts. Wir behalten einfach die visuellen Eindrücke in unserem Herzen. Nach einer gefühlten Ewigkeit verlassen wir dieses wunderbare kleine Haus mit dem Gefühl, einen verborgenen Schatz entdeckt zu haben. Vielleicht liegt die Magie von Wat Samret gerade darin, dass er sich nicht jedem offenbart.
Unser Fazit:
Der „Wat Samret“ ist kein „Must-see“ im klassischen Sinne, sondern ein Ort für Entdecker, die bereit sind, hinter die Kulissen zu blicken. Und genau das macht die „Secret Hall of Buddhas“ so einzigartig: nicht das Offensichtliche, sondern das Ungesagte.
© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
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