
Tempelzauber in Khon Kaen: Top 3 “Wats”
Eine Tempel-Tour in und um Khon Kaen bietet faszinierende Einblicke in die kulturelle Vielfalt Nordostthailands. Vom imposanten Wat Nong Wang mit seinem neunstöckigen Chedi über den modernen Wat Thung Setthi bis zum farbenprächtigen Wat Chaisi mit seinen Wandmalereien – diese Reise vereint Tradition, Kreativität und spirituelle Tiefe. Lassen Sie sich überraschen…
Die Stadt Khon Kaen im Nordosten Thailands, auch als Isaan bekannt, ist nicht nur Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, sondern auch ein bedeutendes kulturelles Zentrum. Der tief verwurzelte Theravāda-Buddhismus prägt hier das Leben in vielerlei Hinsicht: Die Tempel sind weit mehr als nur Orte des Gebets – sie gelten als soziale, spirituelle und kulturelle Treffpunkte der Gemeinschaft.
Wat Nong Wang (Phra Mahathat Kaen Nakhon)
Unsere Entdeckungsreise mit dem Mietwagen zu den bedeutendsten Tempeln von Khon Kaen beginnt im Herzen der Stadt – beim eindrucksvollen Wat Nong Wang. Dieser majestätische, neun-stöckige Tempel erhebt sich direkt am Ufer des Bueng-Kaen-Nakhon-Sees und ist bereits aus der Ferne sichtbar.
Gegründet im Jahr 1789 und seit 1984 als Königstempel anerkannt, gilt er heute als das bekannteste Wahrzeichen von Khon Kaen. Die goldene Fassade des Chedis ist mit filigranen Ornamenten geschmückt. Schlangengottheiten (Nagas) flankieren die Treppenaufgänge und kunstvolle buddhistische Reliefs zieren die Wände. Ein Anblick von erhabener Schönheit und spiritueller Tiefe.
Besonders beeindruckend ist der Phra Mahathat Kaen Nakhon, ein pyramidenförmiger Chedi, der sich in prächtiger Symmetrie in den Himmel reckt. Jede Etage verjüngt sich zur Spitze hin – ein architektonisches Sinnbild für den spirituellen Weg zur Erleuchtung im Buddhismus.
Die gesamte Tempelanlage vereint typische Elemente der Isaan-Bauweise mit dem klassischen Lanna-Stil. Besonders auffällig: die mehrstufige Struktur, die dem “Wat” seinen unverwechselbaren Charakter verleiht. Im Inneren des Chedis erwartet die Besucher auf jeder Etage eine beeindruckende Sammlung religiöser Artefakte: filigrane Silberarbeiten, Buddha-Statuen, farbenprächtige Wandmalereien und alte Manuskripte.
Sie geben nicht nur Einblick in die Lehren des Buddhismus, sondern erzählen zugleich von der Geschichte, dem Glauben und der kulturellen Identität der Region. Auch wir halten inne und genießen die ruhige, meditative Atmosphäre in diesen palastartigen Räumlichkeiten. Wat Nong Wang ist ein spiritueller Ort der Besinnung – für Gläubige ebenso wie für Besucher auf der Suche nach innerem Frieden.
Regelmäßig suchen Gläubige den Tempel auf, um zu beten, Opfergaben darzubringen und ihr spirituelles Wohl zu fördern – sei es beim Spenden von Speisen an die Mönche, beim Anzünden von Räucherstäbchen, das Niederlegen von Blumengirlanden oder das Bekleben der Statuen mit Goldplättchen.
Die Mönche nehmen dabei eine zentrale Rolle ein – als spirituelle Lehrer, Vorbilder und Bewahrer der Tradition. Sie segnen die Besucher oder binden ihnen Glücksbänder um die Handgelenke, die sogenannten “Sai Sin”.
Für die Buddhisten bedeutet Verdienst mehr als nur gute Taten – es ist die Ansammlung positiver karmischer Energie, die durch ethisches Handeln und tiefgehende spirituelle Praxis wächst. Diese Energie öffnet nicht nur die Tür zur Wiedergeburt in einem “besseren Leben”, sondern führt letztlich auch zum begehrten Ziel der Erleuchtung: dem Nirvana.
Besonders bewegend ist die Teilnahme an religiösen Zeremonien während hoher buddhistischer Feiertage wie Makha Bucha oder Visakha Bucha. An diesen Tagen strömen Gläubige in großer Zahl in diesen Tempel, gekleidet in Weiß, mit Lotusblüten, Kerzen und Räucherstäbchen in den Händen. In feierlicher Stille umkreisen sie die heiligen Stätten und vertiefen sich anschließend in Gebet und Meditation.
Es entsteht automatisch ein kollektives Gefühl tiefer Verbundenheit, ein Gemeinschaftserlebnis, das über alle sozialen Unterschiede hinweg trägt. Ganz im Sinne des Theravāda-Buddhismus. Auch als Außenstehender kann man sich der spirituellen Kraft in diesem Tempel kaum entziehen. Übrigens: Dieser Mönch, der hier sitzt, ist nicht echt. Es ist eine Wachsfigur…
Und auch dieser majästetische Elefant im Hintergrund ist echt falsch!
Auf dem Tempelhof hängt außerdem ein gigantischer, goldener Gong, der uns schon durch seine kunstvolle Gestaltung sofort auffällt. Rund um die zentrale Erhebung sind verschiedene Buddha-Darstellungen angeordnet, jede mit einer roten Flamme über dem Haupt – Sinnbild für Erleuchtung.
Ehrfürchtig lege ich meine Hand auf das “Herzstück” in der erhabenen Mitte. Vielleicht bringt es ja Glück? Dann allerdings kann ich nicht widerstehen und schlage fest zu. Der tiefe, vibrierende Klang breitet sich wie eine Welle über die gesamte Anlage aus. Für uns ist genau dieser Klang das Zeichen, unsere spirituelle Reise fortzusetzen …
Wat Thung Setthi
Der Wat Thung Setthi, nur 10 Autominuten vom Wat Nong Wang und rund 15 Minuten vom Stadtzentrum Khon Kaens entfernt, ist ein weitläufig angelegter Tempelkomplex, eingebettet in eine traumhaft ländliche Szenerie aus Reisfeldern und blühender Landschaft.
Im Gegensatz zu den klassischen, oft vertraut wirkenden Tempelbauten überrascht uns dieses Bauwerk mit einer gelungenen Symbiose aus traditioneller thailändischer Architektur und modernen Designelementen. Schon beim Betreten wird man von der imposanten Größe und der Liebe zum Detail überwältigt, die in jede Facette der Anlage eingeflossen ist.
Zentrum und Hauptattraktion des Tempels ist der prächtige Phra Maha Chedi Maha Mongkol Bua, ein glockenförmiger Stupa, der inmitten eines Teiches thront. Seine goldene Spitze ragt weithin sichtbar in den Himmel und symbolisiert die Verbindung der drei Welten: Himmel, Erdreich und Unterwelt.
An den vier Ecken der Plattform stehen kleinere Pagoden, die die Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft verkörpern.
Die zum Haupt-Chedi führende Treppe bildet ein zentrales Symbol der Anlage. Ausgehend von den vier Himmelsrichtungen führt sie symbolisch von der irdischen Welt hinauf zur spirituellen Ebene, die durch den erhöhten Stupa repräsentiert wird.
Beim Aufstieg begegnet man zahlreichen kunstvoll gearbeiteten Fabelwesen und Tierfiguren, die tief in der buddhistischen Kosmologie verwurzelt sind. Besonders auffällig sind die Darstellungen mythischer Kreaturen. Wofür sie genau stehen, haben wir allerdings nicht herausgefunden.
Im Inneren des Haupt-Chedis eröffnet sich ein Raum von spiritueller Tiefe. Im Zentrum thront die schwarz lackierte Buddha-Statue „Luang Pu Dam“, dargestellt in Meditationshaltung und entspanntem Gesichtsausdruck. Der goldene Stirnschmuck der Statue ist mit detailreichen Ornamenten und funkelnden Edelsteinen verziert.
Die dunkle Farbgebung der Figur steht in bewusstem Kontrast zu den hellen und goldenen Elementen des Raumes und verleiht der Statue eine würdevolle Aura. Wer sich ein wenig mit der buddhistischen Lehre auskennt, der weiß: Die schwarze Oberfläche symbolisiert tiefes spirituelles Wissen sowie innere Unerschütterlichkeit angesichts weltlicher Versuchungen.
Die gewölbte Decke des Chedis ist mit goldenen Mustern und Seidenvorhängen dekoriert. Rund um die Statue finden sich kleinere Altäre, geschmückt mit Opfergaben, Blumen und Räucherstäbchen – Zeichen der Verehrung durch die Gläubigen. Auch ein Bild der bei Thailändern sehr geschätzten ehemaligen Königin Sirikit, Ehefrau des im Jahre 2011 verstorbenen König Bhumibol Adulyadej (Rama IX), ist hier zu sehen.
Östlich des Maha Rattana Chedi, auf der gegenüberliegenden Seite des Teiches, befinden sich zwei weitere Chedis – Vanfau Chulamani und Nagachedi Srinagin Pier –, die Himmel und Unterwelt symbolisieren.
Willkommen in der Hölle!
Eine besondere Attraktion erwartet Besucher im südlichen Bereich des Tempelgeländes: Dort beginnt hinter dem Schild „Welcome to Hell“ ein einzigartiges Freilichtmuseum – ein sogenannter Naraka, die buddhistische Hölle.
Diese eindrucksvolle Installation fungiert als mahnendes Lehrstück über die Konsequenzen der Missachtung der fünf buddhistischen Tugendregeln: kein Töten, kein Stehlen, kein Lügen, kein Konsum berauschender Mittel und kein sexuelles Fehlverhalten. In teils drastischen Szenen werden die Strafen für solches Verhalten bildhaft dargestellt – durch leidende Seelen, ausgemergelte Hungergeister (Pretas) und furchteinflößende Dämonengestalten.
Für westliche Besucher mögen die Darstellungen befremdlich wirken – sowohl wegen ihrer expliziten Bildsprache als auch der künstlerisch eher groben Ausführung der Figuren. Dennoch vermittelt das Höllenmuseum auf sehr eindrückliche Weise zentrale ethische Prinzipien des Buddhismus. Wie hier: “Du sollst nicht stehlen, sonst bekommt man schlechtes Karma.”
Mit anderen Worten: Wer Böses tut und sich nicht an die Lehren Buddhas hält (vergleichbar mit den “10 Geboten” im Christentum), der muss mit den negativen Konsequenzen leben. Während die düsteren Höllenszenen mit ihren gequälten Gestalten und dämonischen Kreaturen vor allem Furcht und Mahnung auslösen,…
… wirkt die monumentale Naga-Figur inmitten der Szenerie fast tröstlich. Wie eine schützende Wächterin am Rande des Abgrunds. In der buddhistischen Mythologie steht die die Schlange nicht nur für Stärke und Schutz, sondern auch für spirituelle Transformation. Wer also vom Weg abkommt, hat durch Reue und Einsicht stets noch die Chance auf Erlösung.
Wat Chaisi
Unsere Fahrt geht weiter Richtung Nordosten, am Flughafen von Khon Kaen vorbei. Wir haben einen guten Grund, kurzzeitig den Stadtkern zu verlassen, denn der Wat Chaisi, nahe dem Ort Sawathi, gilt als eines der eindrucksvollsten Zeugnisse des traditionellen Buddhismus im Isaan.
Besonders beeindruckend ist die historische Versammlungshalle aus der Zeit um 1865–1868. Es ist das Herzstück des Tempels, der uns wegen seiner Wandmalereien besonders fasziniert hat. Man nennt die Technik Hup-Taem-Malerei. Die Wurzeln dieser Kunst liegen im Volksglauben der Landbevölkerung. Die Motive erzählen vom Alltag, vom Glauben – und vom Karma.
Die äußeren Wandflächen der Halle sind wie ein offenes Bilderbuch – bunt und voller Dramatik. Sie zeigen die sieben, manchmal auch acht Ebenen der Hölle, bewacht von mythischen Wesen wie den Twaraban, den Hütern der Unterwelt.
Dazwischen finden sich Motive aus alten Volkserzählungen wie Sang Sinchai, einem beliebten Märchen, sowie Episoden aus dem Vessantara-Jataka – der Geschichte von Buddhas letztem Leben als Prinz Vessantara. Die Malereien sind bewusst schlicht gehalten. Mit kräftigen Pinselstrichen und natürlichen Farben wie Indigo, Ocker und Weiß wurden sie direkt auf den hellen Untergrund gemalt.
Typisch sind die übertriebenen Gesten und ausdrucksstarken Figuren, die an Schattenspiele erinnern – meist im Profil oder in Dreiviertelansicht und immer voller Bewegung.
Kein Stück Wand ist unbemalt. Stattdessen entfaltet sich hier ein dichter Bilderteppich, der in lebendiger, fast erzählender Bildsprache Buddhas Lebensweg nachzeichnet – eingebettet in eine Welt, in der Menschen, Tiere und Götter gleichermaßen ihren Platz haben.
Das Herzstück des Klosters
Im Zentrum des Sīm thront eine lächelnde Buddha-Statue – schlicht und zugleich erhaben. Sie ist das spirituelle und künstlerische Zentrum, um das sich alles zu drehen scheint. In diesem Raum verschmelzen buddhistische Lehren mit volkstümlicher Bildsprache – und erzählen zugleich vom gemeinschaftlich gelebten Alltag im ländlichen Isaan.
Diese Malereien sind weit mehr als bloße Dekoration: Sie sind ein ausdrucksstarkes Zeugnis lokalen Glaubens und jahrhundertealter künstlerischer Tradition. Ein kulturelles Vermächtnis, das nicht im Museum verstaubt, sondern sichtbar ist. Hier, an den Wänden und Fresken dieses jahrundertealten Tempels.
Lebendiges Klosterleben
Der Wat Chaisi wirkt nicht wie ein Ort der Vergangenheit, sondern wie ein gelebtes Stück Gegenwart. Er ist kein stillgelegtes Denkmal, sondern bis heute Heimat einer aktiven Mönchsgemeinschaft, eingebunden in die offizielle Sangha Thailands – den königlichen Theravāda-Orden.
Trotz der etwas abgelegenen Lage – rund 30 Autominuten von unserem Hotel Ad Lib Khon Kaen entfernt– war speziell dieser Ausflug ein echtes Highlight. Die Fahrt dorthin war jeden Kilometer wert – denn was uns dort erwartete, war weit mehr als nur ein kultureller Zwischenstopp.
Hier, in der goldenen Abendsonne, erlebten wir zum Abschluss unserer “Wat”-Tour Tempelzauber pur. Ich blieb noch ein paar Minuten stehen und ließ ein letztes Mal meinen Blick über diese außergewöhnliche, lichtdurchflutete Anlage schweifen. In diesem Moment war ich einfach nur dankbar: für die unendliche Stille und vor allem für das Gefühl, mit meinem Mann ganz allein an diesem himmlischen Ort zu sein.
Unser Fazit
Unsere Tempeltour durch Khon Kaen gewährte eindrucksvolle Einblicke in die spirituelle Tiefe und architektonischen Besonderheiten Nordostthailands. Gerade hier im Isaan wurde uns bewusst, wie vielfältig buddhistische Ausdrucksformen selbst innerhalb einer einzigen Region sein können: von majestätisch und repräsentativ über modern und weltoffen bis hin zu traditionellen “Wats”, die fest im Alltag der Menschen verankert sind. Was als Besichtigung begann, wurde für uns zu einer stillen Begegnung mit Glauben, Geschichte und Gedankentiefe. Unbedingt nachfahren…!
© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
Lesen Sie auch diese interessanten Berichte zum Thema: