
Koh Samui Exkursion: Magischer “Magic Garden”
Fast jedes Tourbüro auf Koh Samui hat den Ausflug zum „Magic Garden“ im Programm – und ausnahmsweise sagen wir: Go for it! Denn so schön Individualreisen auch sind: Dieser Garten liegt nicht gerade um die Ecke. Ohne Geländewagen oder organisierte Tour wird der Weg schnell zur Herausforderung. Doch die Mühe lohnt sich, denn das versteckte Areal voller steinerner Buddhafiguren, Wasserspiele, Teiche und kleiner Tempel ist in seiner Art absolut einzigartig.
Auf rund 450 Metern Höhe, verborgen im grünen Herzen der Insel, liegt einer der rätselhaftesten Orte Koh Samuis: der Tarnim Magic Garden. Manche nennen ihn Secret Buddha Garden, andere schlicht Skulpturenwald. Doch eines ist klar: Wer dorthin will, muss erst einmal hoch hinaus. Selbst wer sonst lieber allein unterwegs ist, steigt hier meist in einen Gruppen-Jeep.
Kein Wunder, denn der Weg führt über eine steile, kurvige und zum Teil unbefestigte Dschungelstraße mitten durchs Hochland. Der Garten selbst befindet sich auf dem Pom Mountain, einer der höchsten Berge Koh Samuis. Dass viele Besucher eine organisierte Tour bevorzugen, hat also weniger mit Bequemlichkeit zu tun, sondern mit der anspruchsvollen Anfahrt durchs wilde Inselinnere.
Das Landstück wurde 1976 von Khun Nim Thongsuk bebaut, einem lokalen Obstbauern, der im Alter von 77 Jahren begann, hier oben – fernab von der Meereswelt – einen Skulpturengarten anzulegen. Sein inniger Wunsch war es, einen Ort der Meditation für durchreisende Mönche zu schaffen. Bis zu seinem Tod mit 91 Jahren arbeitete er unermüdlich an seinem Lebenswerk, das er tatsächlich noch vollenden konnte.
Heute wird der „Magic Garden“ von seinen Nachfahren gepflegt. Es handelt sich dabei nicht etwa um eine Tempelanlage, sondern um ein privates Kunstprojekt, das mit spiritueller Hingabe und tiefer persönlicher Symbolkraft geschaffen wurde. In gewisser Weise ist dieses Projekt mit dem „Dusit Dheva Park“ im Cultural Centre zu vergleichen, über den wir hier im Detail berichten. Und doch ist dieser Ort ganz anders, wie Sie gleich sehen werden.
Betreten auf eigene Gefahr
Am „Magic Garden“ angekommen, beginnt das Abenteuer schon beim Eintritt: Vorbei an einem überwucherten, verlassenen Haus führt der Weg über steile, holprige Pfade, die sich durchs Dickicht winden. Moosbewachsene Treppen wechseln sich ab mit plätschernden Bächen, die man über schmale, zum Teil rutschige Stege überqueren muss. Deshalb unbedingt feste Schuhe anziehen!
Wer sich darauf einlässt, diese Dschungellandschaft zu durchwandern, gelangt schließlich zum spektakulären Herzstück der Anlage: Rund hundert Steinskulpturen verteilen sich über ein ganzes Waldgebiet, eigenhändig von Khun Nim in mühsamer Arbeit aus dem Fels geschlagen. Da tummeln sich Tänzer, Musiker, Dämonen, Fabelwesen – und Tiere – in einer verwunschenen Welt. Wie aus der Zeit gefallen!
Es ist, als hätten die Steine ein Eigenleben und würden uns mit ihren Blicken verfolgen. Ein eigenartiges und zugleich faszinierendes Schauspiel, hier oben in den Bergen von Koh Samui.
Stille statt Strandtrubel
Wer hätte gedacht, dass sich auf einer Insel, die sonst mit Massentourismus in Verbindung gebracht wird, ein solcher Ort verbirgt? Hier im „Magic Garden“ herrscht meditative Stille. Selbst als Teil einer Gruppe erlebt man das krasse Gegenteil von dem, was sich unten am Chaweng Beach abspielt.
In diesem Waldpark verliert sich die Menge rasch im Gelände – jeder findet seinen eigenen Weg, ein Guide ist überflüssig. Die Szenerie spricht für sich. Das gesamte Areal ist durchzogen von kleinen Pfaden, die sich durch das üppige Grün der Dschungel-, Garten- und Hügellandschaft schlängeln.
Wir folgen einem Bachlauf und entdecken hinter jedem Felsvorsprung, hinter jedem Baum oder Strauch neue Skulpturen.
Auf einem großen Versammlungsplatz haben sich Dewi-Tara-Figuren neben diversen himmlischen Wesen zusammengefunden. All diese Figuren haben im Buddhismus eine beschützende Funktion; sie sollen negative Einflüsse fernhalten.
Musik & Tanz im Skulpturenwald
Nicht weit davon entfernt stoßen wir auf das „Amphietheater der Engel“.
Die gefiederten Himmelswesen sind umgeben von Musikanten, die innerhalb eines halbkreisförmigen Arrangement auf sehr echt wirkenden Instrumenten musizieren. Beide gehören zum klassischen thailändischen Orchester, dem Piphat-Ensemble, das oft bei Tempelzeremonien, Khon-Tänzen oder anderen festlichen Anlässen zum Einsatz kommt.
Links sehen Sie ein Ranad („Xylophon“) – ein traditionelles thailändisches Schlaginstrument mit hölzernen Klangstäben, die in einer gebogenen Resonanzwanne aufgehängt sind. Rechts ist ein Khong Wong, ein „Gong-Kreis“ aus kleinen Gongs, die in einem runden Rahmen aufgehängt werden.
Direkt vor den steinernen Musikanten stehen Tänzerinnen auf einem Podest oder auf mehreren Felsen am steil abfallenden Hang. Mit anmutigen Bewegungen folgen sie den unsichtbaren Klängen und Rhythmen und bringen Bewegung und Leichtigkeit in die steinerne Szenerie.
Es ist, als würden sie ein Theaterstück aufführen… – nur für uns!
Ein Paradies voller Rätsel
Jede Figur erzählt ihre eigene Geschichte – und die Zeit hat dabei Regie geführt. Über Jahrzehnte hat sich Moos auf die Gesichter gelegt, Flechten haben Risse gefüllt und ihnen ein uraltes Antlitz verliehen, als wären sie schon immer hier gewesen.
Zwischen all den menschengroßen Statuen, Gesteinsblöcken, Teichen und Wasserfällen fühle ich mich wie ein Entdecker in einem Himmelreich, doch der Rückweg holt mich zurück auf den Boden der Tatsachen. Zurück ins Irdische. Denn plötzlich tauchen mehrere kleine „Hexenhäuschen“ vor uns auf.
Wozu sie wohl dienen? Bewohnt sind diese verfallenen Gebäude jedenfalls nicht, doch ein neugieriger Blick hinein ist erlaubt – und den gönnen wir uns natürlich.
Immer wieder bleibe ich stehen und denke: Unglaublich, dass dieser Garten das Werk eines einzigen Mannes ist! Hier fühlen wir uns nicht wie bloße Besucher, sondern wie Gäste in seinem ganz persönlichen Paradies.
Bleibt zu guter Letzt noch die Frage: Warum heißt dieser Ort eigentlich „Tarnim Magic Garden“? Der Bildhauer selbst hieß doch Khun Nim!
Vermächtnis eines Visionärs
Tatsächlich ist die Namensgebung verwirrend: „Tarnim“ oder „Ta Nim“ sind nur unterschiedliche Schreibweisen. „Ta“ ist eine ehrenvolle Anrede für ältere Männer und bedeutet so viel wie Großvater oder Meister. „Nim“ ist der Name des Künstlers. Zusammengesetzt ergibt sich: „Der Garten von Großvater Nim“, oder „Meister Nims Magischer Garten“. Auf Englisch: „Tarnim Magic Garden“.
Unser Fazit:
Der “Magic Garden” ist alles andere als ein typisches Ausflugsziel, das auf Koh Samui von Tour-Guides angefahren wird. Auf diesem Stück Land verschmelzen Khun Nims Visionen von Kunst und Natur, Spiritualität und Einkehr zu einem Vermächtnis, das bis heute von seiner schöpferischen Kraft lebt und zugleich eine Hommage an einen großartigen Künstler ist.
Alles in allem ist der „Tarnim Magic Garden“ ein Traum aus Stein, geheimnisvoll und von Patina überzogen. Wie ein Märchen, das jemand in den Wald geschrieben hat und das nur darauf wartet, von uns gelesen zu werden.
© Text & Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
Weitere interessante Berichte zum Thema: