
Si Satchanalai: Werkstätten des alten Siam
Si Satchanalai bietet nicht nur historische Tempel und Ruinen. Abseits des Geschichtsparks entdeckt man auch feinste Handwerkskunst, die seit Jahrhunderten gepflegt wird – frei von Souvenir-Kitsch. Wir haben drei besonders faszinierende Werkstätten besucht, in denen Naturmaterialien zu kleinen Meisterwerken verarbeitet werden: Ton, Gold und Baumwolle. Ein Blick hinter die Kulissen lohnt sich, deshalb begleiten Sie uns doch zu den Handwerkskünstlern des alten Siam…
Die Überreste einer alten Stadt erzählen die Geschichte ihrer glorreichen Vergangenheit. Doch es gibt noch andere Schätze jenseits des „Historical Park“. Die kleine Gemeinschaft von Si Satchanalai, rund 50 Kilometer von Sukhothai entfernt, ist heute ein Zentrum für die Herstellung exquisiter Handwerksartikel. Dort wird uraltes Wissen von Generation zu Generation weitergegeben, und wer einen Blick hinter die Kulissen der alteingesessenen Ateliers wirft, wird mit Eindrücken belohnt, die lange nachwirken:
Der Duft von Tonerde in einer Keramikwerkstatt, das rhythmische Hämmern beim Goldschmied, das leise Surren der hölzernen Webstühle in einer Baumwollmanufaktur – all diese Orte erzählen Geschichten. Keine verstaubten Märchen aus der Vergangenheit, sondern lebendige Storys aus der Gegenwart.
Geheimtipps von einer Insiderin
Wir vom Thailand-Lifestyle-Team haben uns aufgemacht, abseits der touristischen Attraktionen jene Werkstätten zu besuchen, die eher im Verborgenen agieren. Natürlich können auch Touristen diese Orte entdecken – vorausgesetzt, sie wissen, wo sie suchen müssen.
Merke: Es kommt auf die richtige Empfehlung an. Wir selbst hatten das Glück, im eleganten Gästehaus Baan Chomprang zu wohnen, buchbar über die renommierte Reiseagentur DTH Travel* (siehe Infobox). Dieses herrschaftliche Haus ist nicht nur ein entzückendes Refugium im Grünen, sondern auch der perfekte Ausgangspunkt für den Besuch ausgewählter Betriebe.
Unsere charmante Hausdame Khun Emmie versorgte uns glücklicherweise mit allen Details zu den stillen Hütern althergebrachter Traditionen. Dazu gab sie uns von Hand notierte Wegbeschreibungen, die man weder in Reiseführern noch auf digitalen Landkarten wie Google Maps findet.
Töpferkunst von Si Satchanalai
Bereits in der Ayutthaya-Periode war die Residenzstadt für ihre Keramikwerkstätten berühmt und galt als die „Töpfermetropole“. Vor allem das hier gefertigte Celadon-Porzellan wurde weit über die Landesgrenzen hinaus exportiert. Noch heute lassen sich in den Geschichtsparks von Sukhothai und Si Satchanalai die Überreste der sogenannten Thuriang-Brennöfen besichtigen.
Archäologen entdeckten Spuren von rund 200 Brennöfen – inklusive Feuerungs-, Brenngut- und Abzugsbereich. Sie zählen zu den ältesten ihrer Art in ganz Thailand und reichen bis in die Zeit von König Ramkhamhaeng zurück. Typisch für diese Keramik sind eingravierte oder aufgemalte Motive wie Blumen, Wolkenmuster, Spiralen und das ikonische, landestypische Fischmotiv.
Bereits in der Sukhothai-Zeit war dieses Symbol weit verbreitet: Der schlichte, aber ausdrucksstarke „Pla“ („Fisch“). In der thailändischen Kultur steht er für Glück, Wohlstand und Fruchtbarkeit – kein Wunder also, dass Fische seit jeher die Keramikwaren dieser Region zieren.
Diese Töpferkunst wird gemeinhin als „Sukhothai Pottery“ oder Sangkhalok-Keramik bezeichnet. Der natürliche Ton wird zunächst aus der Erde gewonnen, anschließend sorgfältig gereinigt, gewässert und durchgeknetet – bis er die ideale Konsistenz zum Formen erreicht.
Dann kommt der Tonklumpen auf die Töpferscheibe, wo er mit geübten Händen in Form gebracht wird. Die so entstandenen Rohlinge müssen anschließend mehrere Tage langsam trocknen, damit keine Risse entstehen. In dieser Phase wird der Schnitt geglättet und häufig schon das Dekor eingeritzt.
Zuletzt wird die typisch grünliche oder bräunliche Celadon-Glasur aufgetragen, die aus einer speziellen Mischung aus Asche, Tonerde und Mineralien besteht. Der letzte Schritt ist dann das Brennen im Reduktionsofen bei rund 1.200 Grad Celsius. Dabei entsteht der charakteristische Glanz, der die Si Satchanalai-Keramik so beliebt macht.
Somsamai: Schönheit antiker Goldornamente
Wer liebt nicht traumhaften Goldschmuck und außergewöhnliche Accessoires? Aber bitte nicht die üblichen Stücke aus den Schaufenstern der Großstadt – sondern etwas Originelles und Individuelles, das die thailändische Kultur widerspiegelt.
Ich jedenfalls bin ein Fan von Armbändern, Ketten und Ringen aus Gold – gerne schlicht und ohne Diamanten, aber mit einem tollen Design. Als uns Khun Emmie vom alteingesessenen Goldschmied Baan Thong Somsamai erzählte, war ich sofort Feuer und Flamme. Denn eine meiner langjährigen Leidenschaften ist es, Ateliers aller Art zu entdecken, in denen noch per Hand gearbeitet wird.
Geheimnisse der Goldschmiedekunst
Der Juwelierladen „Somsamai Gold“ liegt etwas versteckt, abseits der touristischen Hauptwege von Si Satchanalai. Nach einigem Suchen entdecken wir das Gebäude schließlich am Ende eines Wohnviertels, idyllisch gesäumt von einer Baumallee. Vor uns steht ein hübsches, gepflegtes Holzhaus – und auch der Showroom innen wirkt einladend und stilvoll.
Mahagoniholz überall, Wände geschmückt mit Bildern und Zertifikaten, große und kleine Kunstwerke hinter Glasvitrinen.
Auf der Werkbank: “Gold of Arts”
Schnell wird uns klar: Das Baan Thong Somsamai, was übersetzt “Goldhaus Somsamai” heißt, ist nicht nur eine einfache Goldschmiede! Es ist eine echte Institution in Si Satchanalai.
Schon beim Betreten der Werkstatt mit ihren nostalgischen Gerätschaften spüre ich die besondere Atmosphäre. Es duftet leicht nach Metall und Holz, und die funkelnden Schmuckstücke auf den Arbeitstischen verraten meinem Mann und mir: Hier entsteht etwas Besonderes.
Hundertjährige Historie
Die Geschichte des “Goldhauses” beginnt vor etwa einem Jahrhundert mit einem chinesischen Goldschmied aus Bangkok. Als er in Si Satchanalai ankam, gefiel ihm die Umgebung so gut, dass er beschloss, sich hier niederzulassen. Mit Hilfe des Einheimischen Chua Wongyai gründete er eine Werkstatt…
… und brachte somit sein kunstvolles Handwerk und Know-how in die Sukhothai-Provinz. Fasziniert von der Goldschmiedekunst lernte Chua selbst dieses spezielle Handwerk und eröffnete schließlich sein eigenes Atelier, das später von seiner Tochter Somsamai übernommen wurde. Nach ihr ist der Familienbetieb benannt.
Aus der einst winzigen Werkstatt entstand im Laufe der Jahre eine der angesehensten Juweliere der Region. Ein Ort, an dem die leidenschaftliche Hingabe der Mitarbeiter für jeden Besucher spürbar ist. Wir jedenfalls sind tief beeindruckt von dem, was wir hier sehen!
“Sukhothai Style”: Goldschatz mit Seele
“Gold of Arts” bezeichnet das renommierte Unternehmen Somsamai seine exquisiten Arbeiten, oder auch “The Art of Sukhothai Gold”. Dieser ganz spezielle Goldstil zeichnet sich durch filigrane Motive und die außergewöhnliche Reinheit des Goldes aus. Statt der sonst üblichen 18 oder 22 Karat (96,5 % ) wird hier pures 99,99 %-Gold (24 Karat) verarbeitet.
Das weiche, gut formbare und intensiv gelb schimmernde Material besitzt eine besondere Strahlkraft, weshalb es außer für edlen Schmuck auch für Münzen, Barren und Gefäße aus Gold verwendet wird. Doch ist es nicht nur das feine Material, sondern vor allem die aufwendige Handarbeit und Kreativität, die den Schmuck – zum Teil mit Edelsteinen oder Emaille bestückt – zu echten Unikaten macht.
Die Goldkünstler des Hauses Somsamai lassen sich gerne auch von der Architektur historischer Bauten und den spirituellen, meist buddhistischen Motiven inspirieren, die sie in den Ruinenparks von Sukhothai, in Si Satchanalai oder in Geschichtsbüchern finden. Aus Gold wird Kunst. In dieser Werkstatt gibt es keine Massenproduktion, keine Maschinenarbeit.
Markenzeichen: Antike Flechtmuster
Nicht nur auf größere Flächen, sondern auch auf kleinste Schmuckstücke werden Motive wie Blumenranken, Fabelwesen oder antik anmutende Ornamente eingraviert.
Besonders schön finde ich die Ketten und Armbänder, die mich an antike Flechtmuster erinnern. Das ist eine echte Besonderheit des Hauses: Die Goldschmiede verweben feinste Goldfäden kunstvoll miteinander, oft auch mit Goldperlen oder Edelsteinen.Und tatsächlich erzählt jedes Design eine Geschichte, die der Designer bewusst in sein Werk einfließen lässt. So schaffen sie Schmuckstücke von fast poetischer Eleganz.
Die Techniken erinnern an das Flechten von Bastkörben – und tatsächlich ist diese Assoziation gar nicht so abwegig. Dank der Unterstützung erfahrener Korbflechter entwickelte die Juniorchefin Somsamai einst diesen markanten, unverwechselbaren Flechtstil. Da die Nachfrage stetig wuchs, sind diese originellen Schmuckstücke inzwischen zu einer kulturellen Visitenkarte der gesamten Si Satchanalai-Region geworden.
Rundgang durch die “heiligen Hallen”
Während wir durch die Werkstatt schlendern, beobachten wir, wie ein Mitarbeiter geduldig ein dünnes Goldblech in die richtige Form biegt. Nebenan werden mit größter Präzision Edelsteine in eine Halskette eingesetzt.
In einer anderen Ecke erklärt ein älterer Meister seinem Lehrling, wie man mit Glasuren arbeitet. Dies ist notwendig, um ein perfektes Finish zu erhalten. Es ist schon sehr faszinierend, diesen außergewöhnlichen Handgriffen zuzusehen – eine Kunst, die man nur mit viel Geduld und Erfahrung beherrscht.
In den verschiedenen Räumen lässt sich die Verarbeitung in all ihren Stadien hautnah erleben. Alte und neue Techniken verschmelzen hier auf beeindruckende Weise. Trotz aller Traditionen geht man im historisch gewachsenen Si Satchanalai mit der Zeit: Klassische Goldschmiedekunst trifft hier auf moderne, teils sogar computerunterstützte Designs.
Das Kanok-Motivmuster ist von natürlichen Elementen inspiriert. Ob Buddha-Statue oder die in verwitterten Mauern und Prangs eingravierten Symbole: Spuren dieser zeitlosen Kanok-Muster sind noch heute im Si Satchanalai Historical Park sichtbar.
Kostbare Momente im Showroom
Plötzlich stehen wir im Ausstellungs- und Verkaufsraum. Hier begegnen wir der jungen Khun Pure, die bereits in der dritten Generation im Familienbetrieb mitarbeitet.
Für sie ist klar, dass sie hierher gehört. Mit strahlenden Augen erklärt sie uns die Besonderheiten des Schmucks von “Somsamai Gold” und erzählt mit spürbarer Leidenschaft von den Traditionen und dem handwerklichen Erbe ihrer Familie. Hier auf dem Foto: Khun Somsamai, die Tochter des Gründers.
Ich kann nicht widerstehen und entscheide mich für ein paar kleine, elegante Ohrringe – meine ganz persönliche Erinnerung an diesen besonderen Ausflug nach Si Satchanalai. Grundsätzlich nehme ich auf meinen Reisen immer ein kleines Souvenir mit, denn genau das liebe ich an meinen Lifestyle-Exkursionen: kleine Schätze finden, die Geschichten erzählen.
In diesem Falle – im wahrsten Sinne des Wortes – : “Gold of Art”. Heute steht das Sukhothai-Gold nicht nur für außergewöhnliche Schönheit, sondern erzählt auch eine lebendige Geschichte vom einst glorreichen Königreich.
Baumwolle: Si Satchanalais “weißes Gold”
Neugierig auf mehr? Nachdem wir nun den funkelnden Goldschatz von “Baan Thong Somsamai” entdeckt haben, wartet schon die nächste Überraschung: Si Satchanalais „weißes Gold“! Was kaum bekannt ist: Die Stadt ist nicht nur für ihre Keramik- und Goldschmiedekunst berühmt, sondern auch für ihre traditionsreiche Baumwollverarbeitung.
In meinem nächsten Blog nehme ich Sie mit in eine fantastische Weberei, wo aus feinster Baumwolle kunstvolle Textilien entstehen. Inklusive Werkstatt & Workshop, wo Besucher selbst kreativ werden können. So wie ich!
👉 Hier geht’s zum “weißen Gold” von Si Satchanalai
© Text: Nathalie Gütermann. Fotos: Nathalie Gütermann & Jörg Baston
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