Sukhothai Provinz: Ruinenpark Si Satchanalai

Sicherlich hat jeder Thailand-Besucher schon einmal vom berühmten “Sukhothai Historical Park” gehört. Gemeinsam mit Ayutthaya zählt er zu den kulturellen Höhepunkten im Norden des Landes. Doch wie bei allen bekannten Attraktionen muss man oft mit Busladungen von Touristen rechnen, weshalb wir vom Thailand-Lifestyle-Team am liebsten abseits der ausgetretenen Pfade unterwegs sind. Deshalb entführen wir Sie in eine ebenso geschichtsträchtige Region in der Provinz Sukhothai, die jedoch in klassischen Reiseführern kaum Erwähnung findet. Hier ist also unser Insider-Tipp für alle, die fernab des Mainstreams das Besondere suchen…

Stirnrunzeln, als wir das erste Mal davon hörten. “Si Satchanalai Historical Park”…? “Nie gehört!” Wir geben es zu. Wir bekamen diesen Tipp von einem befreundeten Thai, und neugierig geworden, wollten wir natürlich mehr darüber erfahren. Gesagt, getan! Gerade einmal 50 Kilometer nördlich von Sukhothai, jener ehrwürdigen Stadt, die als “Wiege der thailändischen Kultur und Zivilisation” gilt, liegt dieses verborgenes Juwel der Geschichte.

Der historische Park von Si Satchanalai nahe Sukhothai ist eine ganz besondere Attraktion.

Direkt am Ufer des ruhig dahinplätschernden Yom-Flusses gelegen, entfaltet sich hier eine archäologische Schatzkammer mit über 130 gut erhaltenen Monumenten. Und doch ist dieses UNESCO-geschützte “Freilichtmuseum” erstaunlicherweise wenig bekannt. Das ist natürlich ein Glück für alle, die das Ursprüngliche lieben.


Magischer Ort: Geschichte im Park

Wer das wahre Herz Thailands spüren möchte, muss eben manchmal dort hinfahren, wo die Zeit stillzustehen scheint. Dort, wo Geschichte noch zwischen alten Mauern flüstert – fernab von jeglichem Trubel. Si Satchanalai ist solch ein magischer Ort. Bis auf ein paar thailändische Besucher sind wir allein auf weiter Flur.

Der historische Park umfasst die Ruinen der alten Städte Chaliang und Si Satchanalai, die im 13. Jahrhundert gegründet wurden. Nur wenige wissen, dass diese ehemals blühende Metropole die zweite Hauptstadt des Sukhothai-Königreichs war. Hier befand sich auch der Palast des Kronprinzen.


Früher Residenzstadt, heute Kulturpark

Vom 13. bis 15. Jahrhundert war Si Satchanalai ein bedeutendes politisches und kulturelles Zentrum. 1961 wurde das gesamte Gebiet unter Schutz gestellt und seit 1976 einer umfassenden Sanierung und Restaurierung unterzogen. Fast ein Jahrzehnt später erfolgte die offizielle Eröffnung des “historischen Parks”, der seit 1991 gemeinsam mit den Geschichtsparks Kamphaeng Phet und Sukhothai zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.

Bei ihrer Gründung wurde die Stadt rechteckig angelegt – ein Plan, der strategisches Denken und architektonische Weitsicht verrät. Im 16. Jahrhundert erhielt sie eine rund fünf Meter hohe Stadtmauer mit insgesamt 16 Toren und vier Forts. Ein vorgelagerter Wassergraben diente zusätzlich als Schutzmaßnahme gegen die zunehmenden Angriffe aus dem benachbarten Birma.

Doch keine Chance! Im 18. Jahrhundert wurde die Stadt durch die Burmesen erobert und zerstört.


Tempelarchitektur & Landschaft

Auch wenn diese Verteidigungsanlagen heute nicht mehr vollständig erhalten sind, lassen sich bedeutende Abschnitte und Stadttore noch immer gut erkennen. Teilweise restauriert, vermitteln sie Besuchern einen guten Eindruck von der einstigen Größe und Struktur der ehemaligen Königsstadt.

Die Architektur von Si Satchanalai ist geprägt vom filigranen Sukhothai-Stil, vermischt mit Einflüssen aus Sri Lanka und dem einst mächtigen Khmer-Reich. Ein überaus beeindruckendes Beispiel: Der prachtvolle Wat Phra Si Rattana Mahathat (kurz: Wat Phra Prang) mit seinem imposanten “Maiskolben”-Prang. Er wurde noch vor der Blütezeit des Sukhothai-Königreichs errichtet und gehörte einst zum mächtigen Khmer-Imperium von Angkor (dem heutigen Kambodscha).

Die gut erhaltene Anlage liegt rund 2,5 Kilometer außerhalb der historischen Stadtgrenze und nur einen Steinwurf entfernt von der stilvollen Villa Baan Chomprang – unserem ultimativen Geheimtipp für alle, die in einem geschichtsträchtigen, eleganten Herrenhaus übernachten oder einfach nur auf einen Besuch vorbeischauen möchten.

Einen ausführlichen Bericht über das Gästehaus, in dem einst eine Prinzessin lebte, lesen Sie hier!

Doch zurück zum Si Satchanalai Historical Park, denn die meisten Tempel- und Palastruinen liegen innerhalb der alten Stadtmauern. Besucher können die weitläufige Anlage mit einem gemieteten Fahrrad erkunden…,

… doch wir selbst entscheiden uns für den offiziellen Touristen-Shuttle. Denn der Park ist größer, als man denkt, und eine komplette Runde nimmt durchaus einige Zeit in Anspruch. Also nichts für Spaziergänger!

Der kleine Waggon steuert alle wichtigen Sehenswürdigkeiten an, setzt die Passagiere an jeder Attraktion ab und wartet geduldig, bis alle wieder an Bord sind. Eine herrlich entspannte Option – vor allem bei den hier vorherrschenden tropischen Temperaturen.

Im Folgenden stellen wir Ihnen drei der historisch und architektonisch interessantesten Tempelanlagen im Si Satchanalai Historical Park vor – echte Highlights für kulturinteressierte Thailand-Fans: Wat Chedi Chet Thaeo, Wat Nang Phaya und Wat Chang Lom.


Wat Chedi Chet Thaeo: “Tempel der 32 Chedis”

Dieser Wat, dessen Name wörtlich „Tempel der sieben Reihen von Chedis“ bedeutet, zählt zu den historisch bedeutendsten Anlagen im gesamten Geschichtspark. Errichtet zwischen 1340 und 1350, diente er einst als Begräbnisstätte für Mitglieder der königlichen Familie.

Besonders spannend sind hier die architektonischen Details, die diesen Wat so außergewöhnlich machen: Der imposante Haupt-Chedi, fein verzierte Stupas, kunstvoll gearbeitete Reliefs und eine faszinierende Vielfalt an Stilformen.

Besonders ins Auge fällt der sogenannte „Lotusknospen-Chedi“ – der vermutlich älteste Bau des gesamten Tempelkomplexes aus den Jahren 1340 und 1350. In den Folgejahren entstanden rund um den zentralen Chedi insgesamt 32 kleinere Stupas – in unterschiedlichen Größen und Stilrichtungen. Historiker gehen davon aus, dass dieser Wat als Begräbnisstätte für Mitglieder der Herrscherfamilie von Si Satchanalai diente.

Einige der kleinen Chedis sind bis heute erstaunlich gut erhalten. An mehreren lassen sich sogar noch Reste kunstvoller Stuckreliefs im typischen Sukhothai-Stil erkennen. Solche geschichtlichen Feinheiten scheinen diese kleine Gruppe von Freundinnen allerdings weniger zu interessieren: Für sie zählt vor allem, dass die Location unglaublich instagrammable ist… ;-))

Vor dem Haupt-Chedi befand sich einst ein Viharn –so nennt man eine Versammlungshalle für Mönche und Gläubige. Zwar sind viele kunstvolle Details im Laufe der Jahrhunderte verwittert, und von den ehemals prächtigen Säulengängen blieben nur noch die Fundamente erhalten. Doch selbst diese baulichen Überreste lassen die eindrucksvolle Dimension des ursprünglichen Bauwerks erahnen.

Sicher ist: Die Kombination aus dem dominanten Chedi und die Vielzahl unterschiedlich gestalteter Nebenstupas macht den Wat Chedi Chet Thaeo zu einem eindrucksvollen Zeugnis der Sukhothai-Architektur.


Wat Nang Phaya: “Der Tempel der Königin”

Weiter geht’s zur nächsten Station: dem Wat Nang Phaya, dessen Name sich mit „Königliche Dame“ oder „Fürstin“ übersetzen lässt. Einer lokalen Legende zufolge wurde dieser Tempel einst von einer Prinzessin gestiftet – was ihm bis heute eine besondere, beinahe mystische Aura verleiht. Die Tempelanlage bestand ursprünglich aus mehreren architektonischen Strukturen.

Das herausragende Merkmal der Tempelanlage ist der Viharn. An seinen Mauern sind noch die Reste kunstvoll gearbeiteter Stuckreliefs zu sehen – feine Ornamente, die dem Stil der späten Sukhothai-Periode zuzuordnen sind, jedoch bereits erste Einflüsse der Ayutthaya-Kunst erkennen lassen.

Um diese filigranen Relikte vor weiterer Verwitterung zu schützen, wurde ein Dach über dem Bauwerk errichtet – ein Hinweis darauf, welch kultureller Schatz sich hier verbirgt. Hinter dem Viharn befindet sich ein weiteres wichtiges Gebäude der Tempelanlage: Ein großer Chedi im typischen Sukhothai-Stil.


Wat Chang Lom: “Der Elefantentempel”

Der Wat Chang Lom zählt zu den markantesten Tempeln im Si Satchanalai Historical Park. Hier sehen Sie den bemerkenswerten glockenförmigen Laterit-Chedi mit quadratischer “3 Stufen”-Basis aus dem Jahre 1286. AlsStufentempel” werden Bauwerke bezeichnet, die in Form übereinander liegender, nach oben verjüngter hoher Terrassen oder einer abgestuften Pyramide errichtet worden sind.

Wat Chang Lom bedeutet wörtlich „Tempel, umgeben von Elefanten“ – und verweist bereits auf das auffälligste architektonische Merkmal dieser Anlage. Tatsächlich befinden sich auf der unteren Ebene des Sockels zahlreiche Steinelefanten. Ursprünglich sollen es 39 gewesen sein.

Diese Elefanten symbolisieren Stärke, Standhaftigkeit und königliche Macht – Werte, die untrennbar mit dem Buddhismus und der Sukhothai-Kultur verbunden sind. Auch wenn viele der Skulpturen im Laufe der Zeit beschädigt wurden, vermitteln die verbliebenen Figuren noch heute einen guten Eindruck vom einstigen Glanz dieser außergewöhnlichen Tempelanlage.

Im Zentrum des Tempelgeländes steht ein monumentaler, glockenförmiger Chedi, der von einer sich verjüngenden Spitze – einem sogenannten Finial – im Stil Sri Lankas gekrönt wird. Dieser ruht auf einem massiven, quadratischen Sockel, der in zwei Ebenen unterteilt ist.

Oberhalb der ersten “Elefanten”-Ebene verläuft eine zweite Plattform mit 20 bogenförmigen Nischen, die einst mit sitzenden Buddha-Statuen bestückt waren. Dargestellt wurden die Buddhas in der Bhumisparsha-Mudra („die Erde berührenden Geste“), die den Moment der Erleuchtung symbolisiert. Einige dieser Figuren sind trotz einiger Schäden erhalten geblieben und verleihen der Anlage eine für den Buddhismus wichtige spirituelle Präsenz.

Vor dem Haupt-Chedi liegen die Überreste der ehemaligen Halle. Erhalten sind das Fundament sowie einige steinerne Säulenbasen, die einst das Dach des Gebäudes trugen. Trotz ihres fragmentarischen Zustands lassen diese Strukturen die Ausrichtung und beachtliche Größe des Viharn noch gut erkennen – ein deutlicher Hinweis darauf, dass es sich um einen bedeutenden Ort für Zeremonien und gemeinschaftliche Rituale gehandelt haben muss.

Wir haben ehrlich gesagt nicht erwartet, dass uns ausgerechnet ein paar uralte Figuren so beeindrucken würden. Diese majestätischen, in Stein gemeisselten Tiere, die schon seit Jahrhunderten hier Wache stehen, verleihen der Anlage eine Aura, die man nicht so schnell vergisst.


Fazit

Unsere Empfehlung: Besuchen Sie unbedingt beide kulturellen Juwelen – den berühmten Sukhothai Historical Park ebenso wie den oft übersehenen Si Satchanalai Historical Park. Die beiden liegen nur etwa eine Autostunde voneinander entfernt. Während Sukhothai mit seiner monumentalen Präsenz und der Strahlkraft einer einstigen Hauptstadt viele Besucher anzieht, entfaltet Si Satchanalai eine ganz andere Magie: friedlich, beinahe meditativ.

Gerade dieser stille Zauber macht den Ort so besonders – und zu einem unvergesslichen Kontrapunkt im Vergleich zu anderen historischen Anlagen in Thailand.


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© Text & Fotos: Jörg Baston & Nathalie Gütermann