Pflege von Tischkultur: “Chaîne des Rôtisseurs”
❂ Essen & Trinken auf höchstem Niveau ❂ Das ist die Quintessenz der “Chaîne des Rôtisseurs” – eine gastronomische Vereinigung, die im Jahre 1248 als Bruderschaft in Frankreich gegründet wurde. Der Hauptsitz befindet sich seit 1950 in Paris. Zweifellos ist dies eine der ungewöhnlichsten Vereine der Welt, denn bis heute werden die Mitglieder während einer speziellen “Inthronisation” nur per Ritterschlag aufgenommen. Anschließend tragen sie bei jeder Zusammenkunft beeindruckende Ketten um ihr Haupt, die den unterschiedlichen Rang innerhalb der Bruderschaft darstellen.
Nun, ich hatte die Ehre, als Gast bei einer Jubiläumsfeier dabei zu sein, nämlich beim “45. Bangkok Chaîne-Dinner” im super luxuriösen Mandarin Oriental Hotel am Chao Phraya River.
Was mich betrifft, allerdings ohne Ritterschlag und chaîne (= Kette)!
Ich bin ja auch noch kein Member, aber das macht auch nichts, denn Gäste von Mitgliedern sind gerne gesehen und werden entsprechend warmherzig empfangen.
Chaîne Thailand
Und so gab ich mich ganz und gar – und mit allen Sinnen – einem kulinarischen Event der Superlative hin, bei dem sich normalerweise nur ein ganz bestimmter ‘inner circle’ ein fröhliches und genussvolles Stelldichein gibt.
Nämlich ein kleiner, feiner Kreis von Gastronomen, Hoteliers, professionellen Köchen sowie Lebensmittel- und Weinlieferanten, die sich der hohen Kunst des Kochens (“Haute Cuisine”) verpflichtet fühlen und die Aufrechterhaltung gastronomischer Werte und gepflegter Tischsitten fördern.
Inmitten des illustren Völkchens zu finden:
eben der ein oder andere Neuling wie ich. Ja, auch Damen sind in der Bruderschaft herzlich willkommen. Vorausgesetzt, man liebt erstklassige Küche und exzellente Weine. Und ist nicht ständig auf Diät… 🙂
Struktur der “Food & Wine Gastronomy Society”
Weil Paris der Hauptsitz der Chaîne ist, sind sämtliche Bezeichnungen auf Französisch. So wird sowohl die internationale als auch die nationale “Bailliage” (übersetzt etwa Amtssitz) von einem “Bailli Délégué” geleitet – also einem Delegierten mit einer Einzelvollmacht, um sein Amt auszuüben.
Unterstützt wird er dabei von einem Präsidium. Er hat unter anderem die Aufgabe, neue Mitglieder zu finden, die Aufnahmezeremonie mit Ritterschlag zu leiten, die Finanzen zu kontrollieren und die Consœurs & Confrères (Brüder & Schwestern) mit außergewöhnlichen gastronomisches Erlebnissen an sorgfältig ausgewählten Plätzen zu beglücken.
Diese “experiences” summieren sich in Thailand immerhin auf rund zehn Veranstaltungen pro Jahr.
Interessante Historie:
Die Confrérie de la Chaîne des Rôtisseurs hat zurzeit etwa 25.000 Mitglieder in 80 Ländern der Welt. Die Gesellschaft beruft sich auf die Traditionen und Praktiken der alten königlichen französischen “Gilde von Gänseröstern” aus dem Jahre 1248, deren Spezialität zunächst das Rösten von Geflügel war, später dann auch von weiteren Fleischsorten und von Wild.
im Jahre 1509, während der Regierungszeit von König Louis XII, wurde die “Confrérie des Rôtisseurs” – die Zunft der Spießbrater – gegründet. Bereits aus der Antike sind Rezepte für Fleisch am Spieß überliefert, und bis zum 19. Jahrhundert spielte der Spießbraten in der gehobenen Küche des Adels und der Oberschichten eine wichtige Rolle. Ganze Ochsen wurden seinerzeit am Spieß über dem offenen Feuer zubereitet.
Königliche Urkunde & Wappen
1610, unter Ludwig XIII., wurde der Gilde eine königliche Charta mit eigenem Wappen verliehen. Im Schild sind zwei gekreuzte Bratspieße und vier Spicknadeln zu sehen, umgeben von französischen Lilien.
Dieses Emblem befindet sich auch an den Eingängen aller Mitgliedshäuser, darunter Hotels, Restaurants, Weingüter, Kochschulen, Universitäten und sogar Fluggesellschaften.
Es ist eine gastronomische Auszeichnung der besonderen Art.
Den Berufsstand der alten Spießbrater gibt’s zwar nicht mehr, aber immerhin bestand die Vereinigung 540 Jahre, zu der sich die besten Köche Frankreichs gesellten. Sie pflegten die kulinarische Kunst über Jahrhunderte hinweg, bis der Gilde 1789, gleich am Anfang der Französischen Revolution, der Garaus gemacht wurde.
Wie Phönix aus der Asche
1950 ließ eine Gruppe von Freunden die “Confrérie de la Chaîne des Rôtisseurs” wieder aufleben. Heute gehören der Vereinigung nicht nur Köche, Gastronomen und Sommeliers an, sondern auch viele hoch angesehene Persönlichkeiten.
Weltweit gibt es rund 18.000 nicht-professionelle Mitglieder, die Wert auf gehobene Küchen- und Tafelkultur legen. Bei jedem Dinner kommen natürlich auch stets die besten Weine aus den Raritätenkammern der jeweiligen Gastgeber zum Einsatz.
Die Gourmet-Gemeinde von Thailand
Hier stehe ich neben Gastgeber und “Bailli Délégué Honoraire”, Arto Artinian (links im Bild). Er hatte mich zu diesem außergewöhnlich eleganten Event eingeladen.
Im täglichen Leben ist er Präsident und CEO von “Maison Artinian”, einem hochkarätigen Schmuck- & “Fine Art”-Geschäft mit Sitz in Bangkok.
Der Nachfolger von Arto Artinian, und somit neuer Chef des Ausschusses: Finbarr O’Connor, “Chancelier de Baillage National de Thailande” (Bild unten).
Hier hält er das traditionelle Geschenk und Symbol der “Chaîne des Rôtisseurs” in der Hand: einen mit dem Logo bedruckten Teller… – Ausdruck für die Freuden und Kunst der Tischkultur.
Wie unfassbar beglückend “l’Art de la Table” sein kann, stellten die Gourmet-Köche des luxuriösen Mandarin Oriental Hotels in jeder Beziehung unter Beweis.
Hier schon mal ein Teaser:
eine Mousse von der Seespinne, gespickt mit Hummer-Jelly und geschmückt mit Avruga Kaviar. Weitere Impressionen finden Sie unten, in meiner Bildergalerie.
Sicher ist: Lebensfreude und Genuss bestimmen eindeutig das Leben in Thailand. Nicht umsonst wird Bangkok auch als der “größte Speisesaal der Welt” bezeichnet. Da gibt es unzählige Straßenküchen, kleine Thai Lokale und exzellente internationale Restaurants – darunter auch einige, die 2018 und 2019 mit 2 Michelin-Sternen ausgezeichnet wurden.
“Le Normandie” im Mandarin Oriental gehört dazu. Nun fand das Abendessen zwar nicht in der französischen Nobel-Oase mit Blick über den Königsfluss Chao Phraya statt, sondern im wunderbar dekorierten “Royal Ballroom”.
Doch auch in diesem weniger intimen Umfeld zauberten die Köche eine höchst kreative Abfolge an Edel-Gerichten. Manche inspiriert von alten königlichen Rezepten, manche von traditioneller europäischer Küche, und manche auch von einfachen lokalen Gerichten.
“Essen hat im ‘Land des Lächelns’ schon immer eine wichtige Rolle gespielt. Thailand ist daher die perfekte Umgebung für die “Bailliage der Chaîne des Rôtisseurs”, sagte mir Arto Artinian beim Abschied am späteren Abend.
“An der Schnittstelle zwischen Ost und West kann Thailand jedem Feinschmecker ein vielfältiges kulinarisches Leben bieten”, heißt es auch auf der Webseite der Bruderschaft. “Wir sind in jedem Falle gesegnet, die endlosen Möglichkeiten im Königreich nutzen zu können. Über eine Mitgliedschaft in der Chaîne bekommt man zudem eine großartige Möglichkeit, interessante und gleichgesinnte Leute zu treffen”.
Dem kann ich nach diesem erinnerungswürdigen Abend nur zustimmen! In diesem Rahmen begegnet man Menschen, die allesamt Interesse an einem gutem Essen, einem gutem Wein, einem guten Ambiente und einer guten Freundschaft haben. “Vive la Chaîne!”
© Text: Nathalie Gütermann. Fotos: N. Gütermann / Chaîne des Rôtisseurs Thailand*