Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Thailand Motorradtour (2): Mae Hong Son Loop

❂ Nord- & Zentral-Thailand ❂ Und weiter geht’s mit meinem Abenteuer auf 2 Rädern  und dem ultimativen “Easy Rider Feeling”! Haben Sie den 1. Teil verpasst? Dann lesen Sie doch zunächst bitte diesen Bericht!  Knapp 3000 km und zwei volle Bike-Wochen liegen vor mir. Noch sind wir in Thailands hohen Norden unterwegs. Diesmal geht es über den atemberaubenden “Mae Hong Son Loop” und die 1000-Kurven-Straße bis nach Pai.

Der 1. Tag des Eintreffens unserer Gruppe in Chiang Mai, und das “Einfahren” auf der 253 langen Schleife – dem Mae Wang Loop – war ja noch recht chillig. Doch ab heute geht es richtig los…, denn dann kurven wir über eine Bergkette den extrem schwierigen “Mae Hong Son Loop” entlang! Ich mag noch gar nicht daran denken…!!

Auf dem Programm stehen zum Glück  etwas “gemächlichere” Ausflüge, und darauf freue ich mich besonders. Wir werden auf Waldflüssen raften, die “Giraffen-Frauen” im Bergdorf besuchen und am Delta des Salaween River (auf Deutsch: “Saluen Fluss”) Geschichte atmen. Dieser Gebirgsstrom trennt Thailand von Myanmar.

Chiang Mai – Pai – Mae Hong Son

Von Team-Leader James werde ich mental auf das vorbereitet, was unaufhaltsam auf uns zukommen wird. Für mich als Greenhorn ist dies die totale Horror-Vorstellung. Denn:

Die „Road of the 1000 bends“ liegt vor uns – die „Strasse der 1000 Kurven“. Eigentlich sind es 1864!!! Bekannt ist die Strecke bei allen Bikern als “Mae Hong Son Loop”.

Thailand Motorradtour (2): Mae Hong Son Loop mit Nathalie Gütermann

Die letzte Fahrt, die mir nachhaltig in Erinnerung blieb, ist die Berg-Strasse von Chur zum Schweizer Skiort Arosa mit „nur“ 360 Kurven. Doch das war in einem Auto! Nun also beginnt für mich und unsere Gruppe das Abenteuer, auf 2 Rädern eine spektakuläre Bergkette mit den wohl meisten Kurven der Welt zu bezwingen.

Elegant legt sich unsere schwere BMW Maschine in die Haarnadel-Kurve. Im Motorsport bezeichnet man damit eine enge U- bzw. V-förmige Kurve mit einem Winkel von etwa 180°.

Ich gebe zu: Angst befällt mich, als die Serpentinen beginnen und das seitlich liegende Power-Bike fast den Asphalt berührt. Doch irgendwann gewöhne ich mich an den vorgegebenen Rhythmus meines Fahrers und es beginnt, richtig Spaß zu machen. Die Pass-Strasse wird diesmal zur „schwarzen Piste“, die Kurven zum Riesenslalom.

Es hat schon eine außergewöhnlich „Allure“, als einer nach dem anderen mit viel Kraft, Konzentration und Charme die Kurven hinunter wedelt – rechts, links, immer schneller, immer kürzer…

Plötzlich überholt eine andere BMW Maschine und prescht vorbei. Doch es ist niemand von unserem Team! James startet durch und eine spannende „Verfolgungsjagd“ beginnt. Man merkt deutlich, bei beiden Fahrern kommt echte Freude auf. No risk, no fun! Irgendwann hat man allerdings gezeigt, was man kann – Daumen hoch und „good-bye“!

Thailand Motorradtour (2): Mae Hong Son Loop mit Nathalie GütermannThailand Motorradtour (2): Mae Hong Son Loop mit Nathalie Gütermann

Zwischenstopp auf einer Aussichts-Plattform mit gigantischem Blick. Wir befinden uns 1600 m über dem Meeresspiegel. Frauen des Bergstammes „Lisu“ bieten selbstgenähte Taschen an und musizieren mit verfaulten Zähnen auf Blockflöten vor sich hin. Es ist eher ein trauriges Schauspiel. Unsere Truppe gibt Trinkgeld und offeriert zusätzlich ein paar Soft-Drinks und Schokoriegel, die sehr dankbar entgegengenommen werden.

Die Provinz Mae Hong Son liegt westlich von Chiang Mai und grenzt im Osten an Myanmar (Burma). Hier erstrecken sich 12.681 km2 atemberaubende Wald- und Gebirgslandschaft mit idyllisch gelegenen Tälern und Bergdörfern. Aufgrund seiner Geländebeschaffenheit ist Mae Hong Son eine der abgelegensten Provinzen Thailands und hat sich seine eigene Identität bewahrt. Deshalb ist der “Mae Hong Son Loop” so beliebt.

Charmant: Künstler-Dorf “Pai”

Im “Belle Villa” Hotel kehren wir zum Essen ein und ich reibe mir verwundert die Augen.

Thailand Motorradtour (2): Mae Hong Son Loop mit Nathalie Gütermann

Mitten in der Pampa steht dieses kleine, günstige Boutique Resort mit manikürten Gartenanlagen, englischem Rasen, romantischen Holz-Schaukeln und kleinen Häuschen auf Stelzen.

Wer allerdings länger hier im Norden Urlaub machen will, der sollte unbedingt hier absteigen:

“Reverie Siam” – mein Top-Tipp zum Übernachten und Genießen!
Dies  ist ein “Secret Retreat” – siehe weitere Informationen in meiner Info-Box unten, am Ende dieses Artikels.*

Abends schlendere ich über einen kleinen Markt im Ortskern von Mae Hong Son und kaufe mir ein T-Shirt mit dem Aufdruck:

I survived 1864 bends”  – Ich überlebte 1864 Kurven -…!!

Im „Cross Road“, einer witzigen Mischung aus amerikanischem Saloon und englischen Pub, treffe ich auf die anderen. Jeder am Tisch weiß, was er während des Tages geleistet hat…!!


Giraffen-Frauen im Bergdorf

Per pedes beginnt der nächste Tag – nur 15 Minuten von unserem Hotel “Imperial Tara Mae Hong Son” entfernt. Als wir mit einem Longtail-Fischerboot den Mae Pai River runterfahren, fühle ich mich wie in einem Film. Angesichts der wild romantischen Flusslandschaft – auch perfekt für River-Rafting geeignet – werde ich spontan an den Streifen „African Queen“ mit Humphrey Bogart und Katherine Hepburn erinnert.

Vor ca. 20 Jahren flohen ungefähr 300 (von insgesamt 7000) Mitglieder des Burmesischen Palong-Bergstammes nach Thailand, um der Gewalt und Unterdrückung in ihrem Heimatland zu entfliehen. Mit Hilfe der Thailändischen Regierung wurde hier in Mae Hong Son ein kleines Refugee-Dorf errichtet, das nur mit dem Boot erreichbar ist. Die Fluss-Fahrt dauert etwa 20 Minuten.

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Der Besuch der “Paduang Hilltribe” bleibt absolut unvergesslich. Dieser Bergstamm ist bekannt für seine “Longneck” bzw. “Giraffen-Frauen”.

Ein fesselnder und zugleich erschreckender Anblick!

Bereits in der Kindheit werden den jungen Mädchen im Zuge eines traditionellen Schönheitsrituals schwere Metallringe um den zarten Hals gelegt, die bis zu ihrem 16. Lebensjahr jährlich um einen Ring erweitert werden und zwischen 5 und 25 Kilogramm wiegen.

Einmal befestigt, muss die Langhals-Frau das Metallstück lebenslang (er)tragen.

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann. Hier: Giraffenfrauen

Durch das Gewicht des Metall-Teils werden der Halsknochen und die oberen Rippen derart hinuntergedrückt, dass der ganze Oberkörper deformiert wird. Würde es entfernt werden, führt dies unweigerlich zu einem Bruch des Halses. Trotz der Schmerzen und des offensichtlichen Unbehagens, diese goldene Last mit sich herum zu schleppen, wollen die stolzen Frauen die Tradition des Paduang-Stammes weiterführen.

Es ist übrigens ein Märchen, dass die Metallringe den Hals der Trägerin verlängern. Vielmehr handelt es sich hier um eine optische Täuschung.

Es ist hübsch hier – und sehr sauber.

An einfachen Ständen bieten die Giraraffen-Frauen ihre selbstgemachte Waren an: Modeschmuck, Holz-Schnitzereien, gewobene Tücher, Postkarten.

Ich genehmige mir eine Halskette mit blauen Steinen und passende Ohrringe für 100 Bht. Interessiert werfe ich auch einen Blick in die „ Schule“ – eine winzige Strohhütte mit ein paar Stühlen – und bin äußerst überrascht, als mir mehrere junge Mädchen mit gutem Englisch auf meine Fragen antworten.

Ausgerechnet hier – mitten im Nirgendwo!

Des Rätsels Lösung: ein englischer Missionar ist regelmäßig als Lehrer tätig und lehrt die Bewohner auch den vertrauensvollen Umgang mit den wenigen Touristen.


Mae Sariang – Mae Sot

Zwischenstopp für ein bezauberndes “Picknick im Grünen” und für einen Kurz-Besuch in Khun Yuam. In einem kleinen Kriegsmuseum am Wegesrand besichtigen wir japanische Memorabilia und Waffen aus dem 2. Weltkrieg – ein trauriger Vorgeschmack auf die Stadt Kanchanaburi mit ihrer berühmten Brücke am River Kwai und der damit verbundenen Historie von der japanischen Invasion in Asien (1894 – 1945). Hier geht’s zu meinem Fotoalbum mit Impressionen vom “Hellfire Pass” und der “Eisenbahn des Todes”.

Ein Kurzfilm über die hoffnungslose Liebesgeschichte zwischen einer Thailänderin und einem japanischen Kriegsverwundeten rührt zu Tränen. Bis heute lebt die alte Frau mit ihren Söhnen in diesem kleinen Ort.

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Unsere Thailand Motorradtour geht weiter. Nach 163 km erreichen wir Mae Sariang.

Wir sind im “Riverside Guest House” untergebracht. Einfache Zimmer, aber dafür mit Terrasse zum Fluss. Wir lassen den Abend relaxed mit Singha Bier und beim Billiard Spiel ausklingen. Amüsante Bike-Anekdoten bringen die ganze Mannschaft bis in die frühen Morgenstunden zum Lachen.

Trotz der landschaftlichen Schönheit habe ich ein mulmiges Gefühl im Magen, als wir am nächsten Vormittag gen Mae Sot aufbrechen.

Plötzlich, mitten auf den Serpentinen, knallt es gewaltig.

Mein Begleiter James zuckt ebenso erschrocken zusammen wie ich. Ein grosser schwarzer Vogel trifft mit voller Wucht auf seinen Helm und verschleiert sekundenlang die Sicht. Wildes Herzklopfen, als mir die drohende Unfall-Gefahr bewusst wird. Zum Glück hat er die Situation souverän im Griff und kommt kaum aus dem Rhythmus.

Dies ist nur ein Beispiel von vielen, was einem auf einem Motorrad passieren kann…

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Speziell in Thailand geben sich vor allem Ochsen und Schafe unmittelbar hinter einer unübersichtlichen Kurve ein Stelldichein. Auch die anderen Mitfahrer haben zu kämpfen. John überfährt fast eine Kobra-Schlange und ein Hund rennt Andrew aus heiterem Himmel vor die Räder.

Grundsätzlich gilt die Regel: Niemals bremsen, immer Helm, Stiefel und Handschuhe tragen und stets einen Erste-Hilfe-Kasten dabei haben! Das wir ihn ein paar Tage später bei unserer Überfahrt nach Koh Lanta benötigen würden, können wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Aber davon später…! Auch Regenzeug muss immer griffbereit sein, das Tragen des Helms ist definitiv Pflicht und Alkohol ist während des Tages strikt verboten.


Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Eine winzige Strasse windet sich die Bergkette hinauf – voller Schlaglöcher und losen Kieselsteinen.

Bloß nicht wegrutschen!!

Unser Ziel ist die kleine authentisches Ortschaft Mae San Laep am legendären Salween River. Wir genießen den spektakulären Blick über das Flussdelta und atmen Geschichte (Foto rechts).

Der 2800 km lange Fluss entspringt in Tibet und bildet quasi eine natürliche Grenze zwischen zwei Ländern. Direkt unter uns trennt er Thailand von Burma und verbindet gleichwohl das Widerstandsgebiet des Karen-Stammes in Myanmar mit dem Flüchtlingsgebiet der Karen in Thailand.

Die Flüchtlinge werden in diesem schmalen Landstreifen von der thailändischen Regierung geduldet und leben als einfache Bergbauern. Erstmals sehe ich ein interessantes Gemisch an Leuten und Hautfarben vor mir!

Die Bevölkerung setzt sich aus Birmanen, Chinesen, Karen, Shan und Thais zusammen. 70.000 Menschen leben hier in einfachsten Bambus-Hütten mit Dächern aus getrocknetem Laub.


Mae Sot: grösstes Flüchtlingslager des Landes

Unsere Biker-Truppe hat eine nette Idee und kauft Hefte, Bunt-Stifte und Süssigkeiten für die Kleinen. Als ich meine Tasche mit den „Kostbarkeiten“ öffne, strecken sich mir Hunderte von winzigen verschmutzten Händen entgegen.

Es ist zum Heulen, wenn man bedenkt, dass unser minutenlanger Zwischenstopp für diese Kinder ein Geschenk des Himmels ist! Trotz der Unterstützung von oberster Stelle sind es “Kinder in Not”, die kaum zu essen haben, geschweige denn eine Ausbildung – die einzige “Hilfe zur Selbsthilfe” in dieser Situation.

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Da ich mich vor meinem Wegzug nach Thailand jahrelang  für das UNESCO-Programm “Education for Children in Need” engagiert habe, bin ich natürlich an mehr als nur an einem kurzen Aufenthalt interessiert.

Doch die Zeit drängt, wir müssen weiter…

Irgendwann sind die Haarnadel-Kurven vorbei, meine atemlose Anspannung lässt nach. Als die Strasse breiter wird, enden wir im Schuss auf gerader Strecke!

Zahlreiche Baumwollfelder säumen unseren Weg, als wir auf Schotterwegen „Cross-Country“ fahren. Idylle pur…! Oder ist das nur eine Illusion…??

Mir gehen die traurigen Augen der Kids nicht aus dem Sinn, und auch den Eltern geht es leider nicht viel besser.

In der Grenzstadt Mae Sot schuftet die Mehrzahl der Burmesen in den über 200 Textilfabriken für einen Hungerlohn. Da die Großzahl der Arbeiter keine Aufenthaltspapiere besitzt, ist es für die thailändischen Unternehmer ein Leichtes, ihnen weniger als den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn von ca. 150 Baht (ca. drei Euro) pro Tag zu bezahlen.

Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

“Auch die Polizei schützt sie nicht vor Ausbeutung, denn sie sind ja illegal hier”, sagt mir ein Insider.

Während unserer Thailand Motorradtour im hohen Norden passieren wir zahlreiche Polizei-Sperren, die die vorbeirollenden Pick-up-Trucks wegen Menschenschmugels genau kontrollieren.

Als wir jedoch auf unseren gepflegten Maschinen auftauchen, leuchten die Augen der oft blutjungen thailändischen Uniformierten angesichts der beeindruckenden BMW-Motorräder. Scherzend und mit einem Lächeln winken sie uns durch.

“Das sind Farangs (Ausländer), no problem…!”

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Thailand Motorradtour (2) mit Nathalie Gütermann

Möchten Sie diese “Road Story” weiterlesen? Hier finden Sie die Fortsetzung meines Easy Rider Feelings – mit vielen spannenden Erlebnissen, bemerkenswerten Destinationen und Begegnungen:

>>>  Thailand Motorradtour / Teil 3

Zur Fotogalerie + Video:
>>> Nathalies Moto-Tour

Information

Informationen über Bike Touren und meinen präferierten Anbieter in Thailand finden Sie in der Infobox am Ende meines Reiseberichtes – Teil 3